Neuburg
Hindernisse bei der Nachhaltigkeit

Lebensmittelgeschäfte in Neuburg beteiligen sich an Aktionen zur Müllvermeidung, aber es gibt Bedenken

17.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:29 Uhr
Einen eigenen Weg geht die Bäckerei Kaltenstadler: Chefin Sonja Kaltenstadler hat schon vor fünf Jahren einen Mehrweg-Kaffeebecher ins Programm aufgenommen, der bei der Vermeidung von Einwegmüll helfen soll. −Foto: S. Hofmann

Neuburg - In immer mehr Neuburger Geschäften sieht man sie, die Aufsteller mit dem Spruch "Leer gebracht - voll gemacht".

 

Verantwortlich für diese Umweltschutzbotschaft ist die Gruppe Zero Waste Neuburg, die mit der Aktion ein Bewusstsein zur Müllvermeidung schaffen will. Und die Geschäftsinhaber ziehen mit. "Es könnten aber mehr sein", sagt Marco Gramlich von der Gruppierung. Einige Betriebe haben derweil ihre ganz eigenen Methoden in Sachen Nachhaltigkeit entwickelt.

In Zeiten einer globalen Pandemie, einer nächtlichen Ausgangssperre, geschlossener Geschäfte und dem Gebot, die Kontakte zu minimieren, gehen zwei Dinge nach oben: Der Versandhandel und Mitnahmeangebote. Damit steigt auch die Menge des Verpackungsmülls, der täglich produziert wird, enorm. Um dieser Entwicklung ein bisschen entgegenzuwirken, sind Mitglieder der Gruppe Zero Waste Neuburg - der englische Begriff zero waste lässt sich in diesem Zusammenhang am besten mit "nichts verschwenden" übersetzen - derzeit besonders aktiv. Es geht ihnen darum, Müll in Zusammenhang mit Abhol-Speisen und -Getränken zu vermeiden.

Die Gruppe, die ein loser Zusammenschluss und aus der Lokalen Agenda 21 der Stadt Neuburg hervorgegangen ist, ist weiterhin um Aufklärung bemüht. Marco Gramlich und zwei weitere Mitstreiter konzentrieren sich aktuell verstärkt darum, in Lebensmittelgeschäften Werbung für eines zu machen: Die Kunden sollen ihre eigenen Gefäße und Behältnisse zu Metzger, Bäcker und in Cafés mitbringen, um so Müll zu vermeiden.

Es ist nämlich durchaus erlaubt, beim Metzger des Vertrauens die eigene Plastik- oder Metalldose auf den Tresen zu stellen, so dass die Verkäuferin oder der Verkäufer die gekauften Waren hineinlegen kann. "Viele Ladeninhaber glauben aber immer noch, dass sie das nicht dürfen", erklärt Marco Gramlich. "Aber der Deutsche Lebensmittelverband hat im vergangenen Jahr zweimal eine Infobroschüre herausgebracht, um klarzustellen, dass es eben schon geht. "

Die Metzgerei Schmid in Feldkirchen beteiligt sich an der Aktion - wobei seit Beginn der Corona-Pandemie äußerste Vorsicht angesagt ist, wie Metzgermeister und Inhaber Johann Schmid berichtet. "Es ist sehr schwierig. Bei uns ist schon immer sehr hygienisch gearbeitet worden. Seit Corona seh' ich es kritisch, wenn die Kunden ihre eigenen Behälter mitbringen", sagt er. Generell würden seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Waren schon in mitgebrachte Behältnisse geben. "Man muss aber sehr aufpassen. Und die Kunden sind seit der Pandemie zurückhaltender geworden, sie kommen nur noch selten mit eigenen Gefäßen", so der Metzgermeister. Immerhin, fügt er hinzu, hätten viele zum Einkaufen heutzutage eine Tasche aus Stoff oder Jute dabei. "Das ist doch schon mal was", befindet Schmid.

Nachhaltigkeit sei für ihn schon lang ein Thema - im Fall der Metzgerei aber eher in der eigentlichen Produktion. "Wir kaufen fast alles regional. Das Schlachtvieh und die Eier kommen aus der Umgebung", berichtet er. Bei Einwegbehältnissen, wie sie für die zahlreichen Mittagsgerichte in seinem Betrieb verwendet werden, habe er schon umgestellt. "Die Einwegbestecke sind nicht mehr aus Plastik sondern aus einem abbaubaren Stoff. "

Ein Dorn im Auge der Aktivisten von Zero Waste Neuburg sind auch die zahlreichen To-Go-Kaffeebecher, die in Neuburg und Umgebung im Einsatz sind. Laut Marco Gramlich gebe es mit "Recup" bereits ein deutschlandweit etabliertes System, das man auch in der Ottheinrichstadt umsetzen könnte. Die Idee dahinter ist einfach: Geschäfte, die Kaffee und Tee zum Mitnehmen anbieten, können vereinheitlichte, umweltfreundliche Mehrweg-Pfandbecher anbieten. "An dieser Sache sind wir schon eine Weile dran, aber die Umstände haben uns bislang ziemlich ausgebremst", sagt Gramlich. Analog zur Aktion "Recup" gibt es auch "Rebowl", das mit vereinheitlichten Essensbehälter ebenfalls Ressourcen sparen will. "Es muss auch nicht Recup oder Rebowl sein", findet Gramlich. "Gut wäre natürlich, wenn die Geschäfte, in denen im Moment Einmalbehälter ausgegeben werden, selbst etwas auf die Beine stellen. " Nach Gramlichs Auffassung seien Teile der Gesellschaft - also nicht nur die Inhaber, sondern auch deren Kunden - in diesem Punkt aber noch zu behäbig.

Vom "Recup"-System hält Sonja Kaltenstadler von der gleichnamigen Bäckerei in Neuburg nicht sonderlich viel. "Ich habe schon mal gesehen, wie so ein Mehrwegbecher in einem Auto als Aschenbecher missbraucht wurde. Da will ich dann keinen Kaffee mehr raustrinken, egal, wie gut der gewaschen wird", sagt sie. Generell hadere sie damit, wenn diese Becher unter Umständen deutschlandweit unterwegs sind. "Man weiß nie, was da vorher drin war. " Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist Kaltenstadler aber dennoch wichtig, deshalb hat sie bereits vor fünf Jahren umgestellt: Wer möchte, kann im Café ihrer Bäckerei einen eigens gestalteten Kaffeebecher kaufen und diesen immer wieder mitbringen und auffüllen. "Wenn einem der Becher selbst gehört, dann geht man sorgfältiger damit um", ist sich Kaltenstadler sicher. Ein wirklicher Verkaufsschlager sind die Kaffeebecher nicht, aber immerhin leiste man einen Beitrag, so die Chefin.

Auf andere Weise wird in der Bäckerei ebenfalls Müll vermieden: In so gut wie allen Bäckereien haben die Verkäuferinnen Handschuhe, mit denen sie die Backwaren anfassen und in die Tüten geben. Während diese meist aus Plastik sind und nach Feierabend im Abfalleimer landen, haben die Angestellten bei Kaltenstadler waschbare und damit wiederverwendbare Stoffhandschuhe.

DK

Sebastian Hofmann