Hilpoltstein
Hilfe für die Helfer

Sowohl das BRK als auch die Arbeiterwohlfahrt haben ein Notfalltelefon für Mitarbeiter eingerichtet

24.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:46 Uhr
Zwangsläufig ganz nah am Menschen: Bei Pflegekräften lässt sich das auch in Pandemiezeiten nicht vermeiden. −Foto: Stock, dpa

Hilpoltstein - In Krisenzeiten stehen die Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen und -diensten sowie Einsatzkräfte in besonderem Maß unter Stress.

Sowohl das BRK Mittelfranken-Süd als auch der AWO-Kreisverband haben für ihre Mitarbeiter Stellen eingerichtet, wo diese über ihre Sorgen und Ängste reden, aber einfach auch mal Ballst abwerfen können.

So steht beim BRK das Krisentelefon hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern gleichermaßen zur Verfügung. "Uns ist wichtig, in dieser Zeit niemanden mit der emotionalen Bewältigung der Krise allein zu lassen", sagt Rainer Braun, Geschäftsführer des Kreisverbandes. Diese Zeit sei nicht nur organisatorisch, sondern auch emotional eine große Herausforderung für alle.

Umso wichtiger sei es, auch mit den emotionalen Ressourcen achtsam umzugehen und sich in besonders belastenden Momenten Hilfe und Unterstützung zu holen, so Braun weiter. Im gesamten Kreisverband sind derzeit rund 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

Das Notfall-Telefon für alle ist Anfang des Monats angelaufen. Das Ganze halte sich bisher im Rahmen, sagt Andrea Lehmann, die das Angebot betreut. Die Anrufer seien sehr unterschiedlich. Aus der Verwaltung, aus der Pflege, aber auch Rettungskräfte, die allerdings auch in Nichtkrisenzeiten eine Stelle haben, an die sie sich wenden können. Auch die Anliegen seien sehr verschieden. "Die einen wollen nur reden, andere haben große Sorgen, weil es in ihrem Umkreis einen Fall gibt, wieder andere wollen ihre Probleme auch nicht der Familie zumuten. " Einige wollten sich einfach nur mal auskotzen.

Insgesamt würden die Einsatz- und Pflegekräfte sehr souverän mit der Situation umgehen, so Lehmann. Vielen nutze ihre Routine. Entspannt sei es natürlich nicht, die Rettungskräfte hätten aber ständig mit Krankheit zu tun. Und vieles fange auch das Team auf. "Da hilft das gute Klima. " Wobei die Rettungskräfte zurzeit etwas weniger Einsätze fahren. Hier machen sich die geschlossenen Schulen und der reduzierte Verkehr bemerkbar.

Das Notfall-Telefon für Mitarbeiter wird von speziell geschulten ehrenamtlichen Helfern des Kriseninterventions-Teams im Kreisverband und vom psychiatrischen Notdienst betreut und ist rund um die Uhr erreichbar. "Man kann da völlig anonym anrufen", sagt Andrea Lehmann, "und seine Seele erleichtern. " Die Leute seien geschult in Gesprächsführung. Man müsse auch nicht sagen, in welchem Bereich man arbeite. Es werde auch kein Buch geführt. "Es ist kein Zeichen von Schwäche, wenn man sich Hilfe und Unterstützung holt. "

Mit mehr als 500 Ehrenamtlichen in 22 Ortsvereinen und mit rund 1660 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (davon die Hälfte Pflegekräfte) in über 40 Einrichtungen und Diensten ist die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Mittelfranken-Süd Tag für Tag für etwa 3000 Menschen im Einsatz. Auch hier hat man sich entschlossen, ein Notfall- beziehungsweise Sorgentelefon einzurichten.

"Das ist eine sinnvolle Geschichte", sagt Anita Stumpp, die Leiterin des sozialpsychiatrischen Dienstes der AWO. Berichte aus Italien zeigten, welche Prozesse bei den Menschen in vorderster Front entstehen und dass diese über kurz oder lang Beistand brauchen. Am Rother Telefon selbst sei es noch ruhig. Aber das sei eine Frage der Zeit, sagt Stumpp. Grundsätzlich wollen die meisten die Probleme so lange wie möglich selbst mit sich ausmachen. Sie schöpften zunächst ihre eigenen Ressourcen aus. Als nächstes würden sie Hilfe im Team suchen. "Menschen halten lange viel aus. " Da sei dann die Länge der Krise entscheidend, wann existenzielle Fragen auftauchten, wenn man nicht mehr in der Lage ist aufzutanken, wenn die Grenze erreicht ist, an der man dann bereit ist, sich professionelle Hilfe zu suchen.

Wie beim BRK ist auch das Nothilfe-Telefon der AWO für alle ausgelegt. "Es gibt keine Zugangskritereien", sagt Stumpp. Man könne auch anrufen, um einfach etwas loszuwerden. Auch könne man absolut anonym bleiben. Da der Dienst von der AWO selbst ist, sei auch sichergestellt, dass absolut nichts weitergegeben wird. "Die Schweigepflicht ist da ganz wichtig. "

HK

Rainer Messingschlager