Berlin
Herz-OPs für die Klinik-Kasse?

Krankenhausreport: Fragen und Antworten zum Streit über den Nutzen von medizinischen Eingriffen

22.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:26 Uhr

Berlin (DK) Herz- und Kreislauferkrankungen sind in Deutschland Todesursache Nummer eins. Die Zahl der Klinik-Behandlungen wegen verengter Herzkranzgefäße ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Die Krankenkassen bezweifeln nun den Nutzen solcher Eingriffe.

Hintergründe zur Debatte über den Klinikreport der BarmerGEK.

n Wie hat sich die Zahl der Krankenhausbehandlungen in Deutschland entwickelt? Die Zahl der Klinikaufenthalte ist 2013 erneut gestiegen – um 1,3 Prozent. Das entspricht 207 Behandlungen je 1000 Versicherte. Nach einer neuen Studie im Auftrag der Bundesregierung steigt die Zahl der Krankenhausbehandlungen bei annähernd gleichbleibender Bevölkerungszahl jedes Jahr um 220 000 bis 340 000. Laut Klinikreport ist die Verweildauer im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen, von durchschnittlich 7,7 auf 7,6 Tage. Gerade bei Krebs- und Muskel-Skelett-Erkrankungen sinkt die Dauer der Krankenhausaufenthalte. Auffällig: Die Zahl der psychisch bedingten Krankenhausaufenthalte nimmt zu, von im Schnitt 244,5 auf 333,1 je 1000 Einwohner.

n Was hat sich bei der Behandlung von Herzpatienten verändert? Früher galten Bypass-Operationen als das Nonplusultra, nun steigt die Zahl der Eingriffe, bei denen verengte Herzkranzgefäße mit beschichteten Stents geweitet werden, rasant an – zwischen 2007 und 2013 um 227 Prozent auf jährlich 204 000. Die Zahl der Bypass-Operationen nahm im gleichen Zeitraum um 24 Prozent auf 53 000 ab. Eingriffe mit Stents ohne Beschichtung gehen ebenfalls deutlich zurück.

n Was spricht aus Sicht der Kassen gegen Stents bei Herzpatienten? Die Mitautorin des Klinik-Reports, Eva Maria Bitzer, zog gestern den medizinischen Nutzen beschichteter Stents in Zweifel. Mit ihrer Hilfe werde die Zahl der Todesfälle bei Patienten mit verengten Herzkranzgefäßen nicht substanziell verringert. Zudem müsse jeder fünfte so behandelte Patient innerhalb eines Jahres einen neuen Eingriff über sich ergehen lassen. Laut BarmerGEK sind deshalb Zweifel berechtigt, dass die Zahl der Eingriffe wegen verengter Herzkranzgefäße gerechtfertigt sei. Eine Stent-Implantation kostet etwa 5500 Euro – ein Preis, der angesichts sinkender Einkaufspreise für das Implantat zu hoch angesetzt sein könnte, so Bitzer.

n Operieren die Kliniken häufiger, um mehr Umsatz und Gewinn zu machen? Dieser Verdacht wird jedenfalls häufig geäußert. Eine neue Studie im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums hatte zuletzt ergeben, dass es einen Zusammenhang zwischen den möglichen Einnahmen durch eine bestimmte Behandlung und der Fallzahl gibt: Wenn der Preis um ein Prozent zunehme, steige die Zahl der Fälle durchschnittlich um 0,2 Prozent. Zwei Trends bestimmen die Debatte über die Zukunft der deutschen Krankenhaus-Landschaft: Immer mehr Kliniken rutschen in die Verlustzone, gleichzeitig steigen die Zahl der Operationen und die Ausgaben der Kassen für Krankenhäuser.

n Was schlägt Gesundheitsminister Hermann Gröhe vor? Der CDU-Politiker will den Abbau von Klinikbetten sowie eine umfassende und verständliche Information der Patienten über die Qualität der Leistungen erreichen. Für Kliniken, die nachweislich besonders gut behandeln, sind außerdem Zuschläge im Gespräch.