Heiße Ware von "Ice" bringt Bewährung

27.09.2006 | Stand 03.12.2020, 7:30 Uhr

Neuburg ( DK ) In 356 Fällen der Hehlerei und des Betruges schuldig gesprochen wurde gestern der 23-jährige Tobias B. (Namen geändert). Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Ruprecht Herbst verurteilte den jungen Schrobenhausener zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten und einer Geldauflage von 4000 Euro, zu zahlen an die Organisation "Elisa".

Schnell erwischt

"Die interessanteste Erkenntnis aus diesem Fall ist, dass die Gefahr, bei krummen Geschäften über Ebay erwischt zu werden, doch sehr viel größer ist als man denkt", zog Staatsanwalt Günter Mayerhofer eine belehrende Quintessenz aus dem Verfahren.

Reumütig erklärte der eloquente Angeklagte denn auch, künftig produktiv für den Staat tätig sein zu wollen, anstatt weitere krumme Dinger zu drehen. Als kleiner unternehmerischer Senkrechtstarter hatte sich der Mann aus der Lenbachstadt vor zwei Jahren selbstständig gemacht. Von der Ware in Konkurs gegangener Modeboutiquen bis hin zum Beifahrer-Airbag – er bot sich Kunden an, alles über den Verkauf bei Ebay versilbern zu können. Ein Gewerbe hatte er angemeldet, Umsatzsteuer bezahlte er jedoch nie.

Sein Verhängnis hieß "Ice". Beim Bummel über einen Münchener Flohmarkt lernte Tobias B. den großen Unbekannten kennen, der ihm Kfz-Teile zum Spottpreis anbot. In erster Linie Produkte von Audi-Zulieferfirmen. Der junge Schrobenhausener willigte in das Geschäft ein, traf "Ice" zur Übergabe von Ware in der Landeshauptstadt und empfing ihn bei sich zu Hause – angeblich ohne zu wissen, dass die bunte Palette von Kfz-Zubehörteilen – vom Navigationssystem über den Scheinwerfer bis hin zum Heckspoiler – durch die Bank Diebesgut war. Um den Preis in die Höhe zu treiben, habe er die heiße Ware unter sechs verschiedenen Benutzernamen im Internet-Auktionshaus verschachert . Sein Reinerlös aus den Verkäufen habe sich auf zirka 600 Euro im Monat belaufen. Erst als er zufällig mitbekam, dass im Internet Hehlerware mit dem Label BMW verkauft wurde, sei ihm mulmig geworden. "Ich bekam Angst , doch ,Ice’ bedrohte mich, falls ich nicht mehr mitmache", meinte der 23-Jährige gestern vor dem Kadi. Obwohl ihn der ominöse Hehler des öfteren in Schrobenhausen besucht hatte, konnte er zu dessen Identität nur verworrene Angaben machen. "Ich will ihn nie wiedersehen und nix mehr von ihm wissen", beteuerte er. "Och, wir wüssten das schon sehr gerne", konterte Ruprecht Herbst, im Blickkontakt mit Staatsanwalt Mayerhofer, den Einwand des Angeklagten lakonisch.

Der 23-Jährige hingegen betonte, dass ihm das Erlebnis mit "Ice" eine Lektion fürs Leben gewesen sei . Das Herz sei ihm regelrecht in die Hose gerutscht, als er unter die Transaktionen mit "Ice" einen Schlussstrich ziehen wollte. Bei ihm habe sich sogar Erleichterung breitgemacht, als eines Tages die Polizei vor seiner Türe stand und die Festplatten aus seinem PC montierte, versicherte der Schrobenhausener, der um eine milde Strafe bat. Er habe unter Depressionen gelitten und nun mit Hilfe eines neuen Jobs endlich auch einen neuen Anfang machen können. Aus seinen Ebay- und Finanzgeschäften sei er Gläubigern noch eine Stange Geld schuldig.

Auf Straffreiheit mochte ihm der Anklagevertreter keine Hoffnung machen. Aufgrund der Vielzahl der Fälle. Weil der Angeklagte aber geständig sei, könne hier "noch ein mal Gnade vor Recht ergehen". Mayerhofer forderte eine zweijährige Bewährungsstrafe und eine Geldauflage von 4000 Euro. Andreas Funk, der Anwalt von Tobias B. forderte eine 20-monatige Strafe.

Verurteilt wurde der 23-Jährige zu einem Jahr und neun Monaten, wobei Ruprecht Herbst dem äußerst gesprächigen Angeklagten noch eine kleine Standpauke zum Abschied hielt: "Sollte ihre berufliche Zukunft zerstört werden, dann sicher nicht unseretwegen", warnte der Vorsitzende Richter den geläuterten Ex-Unternehmer vor weiteren "krummen Dingern".