Eichstätt
"Heimatabend mit Humor statt Horror"

Vergnügliche Stunden mit drei Münchner Turmschreibern und dem Köschinger Alphorntrio im Gutmann

03.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:16 Uhr
Sorgten für gute Unterhaltung: Die drei Münchner Turmschreiber (von links) Anton G. Leitner, Melanie Arzenheimer und Georg "Grög" Eggers präsentierten den rund 80 Gäste ein abwechslungsreichen Programm auf der Gutmann-Bühne. Nicht nur zur musikalischen Unterstützung war auch das Köschinger Alphorntrio eingeladen. −Foto: Buckl

Eichstätt (wbu) Was soll man vortragen, wenn Reformationsjubiläum, Halloween und Allerheiligen anstehen, die Zuhörer also entweder an Lutherthesen denken oder auf gruselige Auftritte bettelnder Kindergruppen oder besinnliche Besuche an Gräbern eingestimmt sind? Melanie Arzenheimer, Anton G.

Leitner und Georg "Grög" Eggers fanden darauf die richtige Antwort: Die drei Münchner Turmschreiber luden am vergangenen Dienstag zu einem "hintersinnigen Heimatabend mit Humor statt Horror" ins Gasthaus "Zum Gutmann" ein. Zu erleben gab es für die rund 80 Besucher zwei überaus vergnügliche Stunden voller Wortwitz, raffinierter Reime, krachender Pointen - auch mit manch nachdenklich stimmenden Momenten.

Unterstützt wurden die drei Lyriker vom Köschinger Alphorntrio: Liane Koser-Metzger, Markus Metzger und Herbert Unholzer hatten mit ihren weit über die Bühne hinausragenden Instrumenten den Abend nicht nur spielfreudig "einzublasen" und in mehreren Einlagen den jeweiligen Wechsel am Lesepult zu begleiten, sondern hielten auch für mehrere Pointen von Moderatorin Melanie Arzenheimer her; ob sie nun die alpinen Züge Köschings zu ergründen suchte oder Föhnfrisurträgern riet, sich nicht direkt vor die Hörnerschalltrichter zu setzen.

Schon das doppeldeutige Motto des Abends "Re-formiert!" ließ ahnen, dass man es nicht nur mit hintersinnigen Gedichten zu tun bekommen würde, sondern auch mit hinterlistigen Strophen und frech-hinterfotzigen Versen.

Den Auftakt bot Leitner, laut Moderatorin "ein Gedicht-Papst, wenn das heute am Reformationstag nicht so unpassend wäre". In der Tat hat Leitner als Lyriker, Editor, Verleger und Rezitator eine fast omnipräsente Stellung im Literaturbetrieb inne. Er präsentierte Lyrik aus seinem Buch "Schnablgwax - bairisches Verskabarett", worin er erstmals Mundart-Lyrik bietet, etwa in "De gloane Pussiakugl" ("Die kleine Mollige und Rollige"): Ein Gedicht über eine junge Frau, die den Spruch "I will if you will" auf ihrem T-Shirt trägt. Dabei wird der Mundart-Vortrag des Autors zum Klangereignis: Die Aufschrift finde sich "grod auf iram Busn. / I wui, wenn du // wuisd, wuislds. Ja / saggradi, wos wui i // denn üwahaubd vo / dera, hob i mi gfrogd..." Kritisches in verdrehter Logik gab es zu hören über den "Voiggsvadredda", Sozialkritik im Text über die "KaZedd-Rosl", Situationskomik im Gedicht über den Fahrrad-"Taxler" ("Mjunigg Seidsiing"), der ein US-Touristenpaar kutschiert: "Da gwambadde Uhu aus Oheio / und sei no gwambaddare Oide / ham se ins Radltaxe einigwedschd…".

Die Texte der Eichstätter Lokalmatadorin Melanie Arzenheimer bestachen durch ihre oft aphoristische Kürze. Dabei verstand es Arzenheimer überraschende Pointen und reichlich Hintersinn auf knappstem Raum zu platzieren: "Zu Allerheiligen / ist auf dem Friedhof / die Hölle los". Da wird "der Zeit der Zahn gezogen", denkt sich die Bernauerin "Dramen vom Lieben, vom Küssen / danke - drauf g´schiss´n!" oder gerät "der Penisbruch des Monsignore / zum Kardinalfehler". Schanzer Lokalkolorit tragen Reime über "Religionsausübung in einer Autostadt" oder über Shelleys Frankenstein ("eine Komposition aus etlichen Gestalten").

Zum Spektakel wurde der Auftritt des alle Texte in Poetry Slam-Manier frei rezitierenden Georg "Grög" Eggers, der seine trochäischen Paarreime im Ton Eugen Roths darbot und dabei fast physiognomisch als Mischung aus Heinz Erhardt und Gernot Hassknecht daherkam. Zum Brüllen waren auch die Verse über den "kleinen Tofu" aus dem "Zyklus veganer Lyrik" ("Bette ihn zur letzten Ruh / im aryuvedischen Ragout") ebenso wie das Zorngedicht über Laub blasende Frührentner oder die Ballade vom ignorierten Inbusschlüssel, die vom Einsturz und Brand eines Billy-Regals handelte, was zum Tod des Bücherfreundes führte ("Dem Buch sein Fluch").