Heikles Problem

Von Wolfgang Weber

15.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:50 Uhr

Was tun mit Hartz-IV-Empfängern, die sich nicht an die Regeln halten?

Kann man ihnen vorübergehend die Bezüge kürzen oder geht das nicht, weil diese ohnehin so knapp bemessen sind, dass sie nur für das Notwendigste reichen? Alles was darunter liegt, verletzt das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, das das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2010 erstmals formuliert hat.

Jetzt muss sich das Gericht mit dem Fall eines Mannes aus Erfurt befassen, der seit längerer Zeit arbeitslos ist und deshalb Geld vom Staat bezieht. Als er eine Stelle angeboten bekommt, schlägt er die aus. Die Kürzung des Arbeitslosengeldes für drei Monate nimmt er hin. Nachdem er aber auch ein Angebot für Arbeit auf Probe ablehnt, drohen weitere Sanktionen und darum zieht er vor Gericht, um wieder den vollen Hartz-IV-Satz zu erhalten.

Der steht allerdings nach dem Gesetz nur den Arbeitslosen zu, die sich bemühen, wieder in Arbeit zu kommen - also der ganz überwiegenden Mehrheit von fast 97 Prozent. Denn nur gegen 3,1 Prozent der Leistungsberechtigten werden Sanktionen verhängt und von diesen wiederum verweigert nur jeder Zehnte angebotene Arbeit, eine Ausbildung sowie Maßnahmen oder bricht sie grundlos ab.

Menschen wie dem Mann aus Erfurt darf man unterstellen, dass sie sich in einem Leben ohne Arbeit eingerichtet haben. Das könnte man angesichts der alltäglichen sozialen Ungerechtigkeit durchaus akzeptieren, müssten dafür nicht diejenigen mit ihren Steuern die Rechnung dafür bezahlen, die Tag für Tag arbeiten, ohne dass sie jemand fragt, ob sie dazu Lust haben.

Wie heikel der Umgang mit Menschen in schwierigen Lebenslagen ist, zeigt sich an der Haltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Der DGB will zwar die Sanktionen abgeschafft sehen, doch soll es "prinzipiell" eine Möglichkeit geben, eine Gegenleistung für die Grundsicherung zu fordern. Bloß was, wenn der Bezieher einfach nicht kooperiert?
Dazu wird das Bundesverfassungsgericht in einigen Monaten hoffentlich Erhellenderes verkünden. Ein Freibrief für Gegenleistungsverweigerer wird es nicht sein.