Die Grenzen des Sagbaren

Von Verena Belzer

15.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:50 Uhr

Debatten brauchen zugespitzte Begriffe - so argumentiert Alexander Dobrindt und lässt die Kritik der Jury an seiner Wortneuschöpfung "Anti-Abschiebe-Industrie" an sich abtropfen.

Damit beweist er, dass er rein gar nichts verstanden hat. Nicht nur, dass Debatten natürlich auch bestens ohne Zuspitzung geführt werden können: nämlich sachlich.

Nein, hier geht es gar nicht um eine Zuspitzung. Was der CSU-Landesgruppenchef da von sich gegeben hat, das sind waschechte Fake News. Es gibt in Deutschland keinen Industriezweig, der sich einzig und allein damit beschäftigt, Abschiebungen zu verhindern. Was es jedoch in Deutschland gibt, ist ein Rechtsstaat. Der garantiert, dass nur diejenigen Geflüchteten abgeschoben werden, bei denen auch wirklich kein Asylgrund vorliegt.

Sprache hat Macht, das weiß Alexander Dobrindt nur zu gut. Und wenn ein Spitzenpolitiker wie er öffentlich von einer "Anti-Abschiebe-Industrie" spricht, dann hat das eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Der CSU-Mann macht damit Begrifflichkeiten und Denkweisen salonfähig, die gefährlich sind. Die den Rechtsstaat untergraben und damit in letzter Konsequenz auch die Demokratie.

Gerade in aufwühlenden Zeiten wie diesen, in denen weltweit Populisten auf dem Vormarsch sind, muss man ganz genau aufpassen, was man sagt. Wo die Sprache verroht, da verrohen auch die Sitten. Ein jeder Bürger - und damit auch Politiker - sollte sich fragen, ob er das wirklich will. Weniger Kampfrhetorik, mehr Menschlichkeit - das würde Alexander Dobrindt nicht schaden.