Heftiger Kampf um Frauenquote

29.10.2010 | Stand 03.12.2020, 3:31 Uhr

München (DK) Der CSU-Parteitag hat gerade begonnen, da hat ein Fotograf schon dieses Bild auf seinem Laptop: Horst Seehofer in Boxer-Pose. Die gilt Karl-Theodor zu Guttenberg. Doch der Verteidigungsminister erwidert das Kampfangebot nicht. Ganz im Gegenteil. Guttenberg steht nur da in seinem schmalen Anzug und grinst lässig, die Hände in den Taschen.

Es ist nur eine ironisch gemeinte Geste des Parteivorsitzenden. Sie soll die angeblich von Journalisten erfundene Rivalität zwischen beiden ins Lächerliche ziehen. Macht ruhig eure Bilder, will Seehofer damit sagen. Mir könnt ihr damit nichts! Aber das Bild sagt eher etwas anderes aus: Guttenberg braucht nicht mit Seehofer zu kämpfen. Er ist in der CSU sowieso der Mann der Zukunft.

Zugreifen wird Guttenberg allerdings vorerst nicht. "Es kommt auf den Zusammenhalt an und nicht auf irgendwelche depperten Personaldebatten", ruft der Verteidigungsminister bevor er seine Bundeswehrreformpläne vorstellt. In der Partei ist man sich einig, dass eine Revolte derzeit schaden würde. Und ob der Baron in drei Jahren, wenn Landtags- und Bundestagswahlen anstehen, noch immer als Heilsbringer dastünde, ist ungewiss. "Ich wünsche mir, dass Horst Seehofer wieder als Parteivorsitzender antritt", sagt Sozialministerin Christine Haderthauer. Das sei auch "unisono" die Ansicht der Parteispitze. Auch die Basis wirkt diszipliniert. Beim Begrüßungsapplaus gibt es für keinen besondere Ausreißer.

Da keine Wahlen anstehen, spielt das "Duell" dann auch kaum eine Rolle. Turbulent wird es trotzdem. Vor allem, als die in der Partei umstrittene Frauenquote zur Abstimmung steht. 40 Prozent Frauen will die CSU künftig für den Landesvorstand und die Bezirksvorstände vorschreiben. Aber vor allem die stellvertretende Vorsitzende der Jungen Union, Katrin Poleschner, greift den Vorstandsbeschluss heftig an. "Die Frauen können mehr, sie sind besser als die Quote", ruft sie. Beifall brandet auf. Die Frauen müssten sich nur zur Wahl stellen, dann hätten sie alle Chancen, sagt Poleschner. Der Führung schleudert sie entgegen: "Wenn Sie Ihren Idealismus verloren haben auf Ihrem politischen Weg, dann muss ich Sie hier daran erinnern!"

Angelika Niebler, Vorsitzende der Frauen-Union und Initiatorin des Quotenplans, verteidigt den Antrag. "Ich finde die Quote auch heute nicht besonders sexy, aber sie ist ein notwendiges Übel", sagt die Europa-Abgeordnete. Es gebe heute trotz vieler Worte weniger Frauen in mit Verantwortung in der CSU als vor zehn Jahren. Auch Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Haderthauer springen neben vielen anderen für die Quote in die Bresche. Und selbst Wilfried Scharnagl, einst Chef des Bayernkurier und Sprachrohr von Franz Josef Strauß wirbt dafür. Er als "konservativer Knochen" sei kein glühender Fan der Quote, aber es könne nicht sein, dass die Bevölkerung zu mehr als 50 Prozent aus Frauen bestehe, aber in der CSU nur 18 Prozent der Mitglieder weiblich seien. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel empfiehlt den Delegierten die Quote: In ihrer Partei habe sie "wunderbar funktioniert", sagt die CDU-Chefin. Nachdem sich am Ende auch noch Seehofer und Guttenberg zu Wort gemeldet haben, kommt es am Abend zu einem dramatischen Finale: Die Delegierten setzen gegen den Willen der CSU-Spitze eine geheime Abstimmung durch. Das Ergebnis: Von den gut 800 anwesenden Delegierten stimmen 445 für die Frauenquote – also rund 56 Prozent.

Ohne Probleme und mit überwältigender Mehrheit wird dagegen Guttenbergs Bundeswehrreform angenommen. Zuvor überschreitet der Verteidigungsminister seine Redezeit erheblich. "Wir würden dir auch stundenlang zuhören", sagt Landesinnenminister Joachim Herrmann, der den Parteitag auf dem Podium leitet. Lachen und Klatschen im Publikum. Als der Baron seine Rede schließlich beendet hat, gibt es dann doch noch stehenden Applaus für den Politstar.