Riedenburg
Harmonie ade?

07.01.2011 | Stand 03.12.2020, 3:17 Uhr

Deutliche Worte: Bürgermeister Michael Schneider (stehend) kritisierte das Fernbleiben von Wolfgang Schleicher und den vier Bürgerlisten-Räten beim Stadtrats-Essen. - Foto: Janda

Riedenburg (sja) Das Klima im Riedenburger Stadtrat bleibt frostig – auch nach dem gemeinsamen Essen des Gremiums. Während der Großteil der Räte samt Partner den Abend genossen hat, blieben der parteilose Stadtrat Wolfgang Schleicher und die Vertreter der Bürgerliste dem Treffen fern.

"Im Laufe meiner kommunalpolitischen Erfahrung hat es so etwas noch nicht gegeben", erklärte Bürgermeister Michael Schneider (CSU) eingangs des Treffens, das den Stadtrat in diesem Jahr nach Untereggersberg führte. Dass die Vertreter der Bürgerliste, Josef Fuchs, Axel Uttlinger, Reinhold Vasall und Tobias Schweiger, sowie der neuerdings parteilose Stadtrat Wolfgang Schleicher den Jahresabschluss des Gremiums mieden, sei für ihn absolut "unverständlich", so Schneider.
 

Wie berichtet, hatten die vier BGR-Vertreter im Stadtrat in der Dezember-Sitzung des Gremiums in einer gemeinsamen Erklärung überraschend verlautbaren lassen, nicht zu dem Essen erscheinen zu wollen. Als Grund nannten sie damals die Anfeindungen seitens der CWG, denen sich Reinhold Vasall nach seiner Kritik an den politischen Gegnern ausgesetzt sah. Andere Gründe hatte hingegen Wolfgang Schleicher für seine Abwesenheit. Er hatte in der selben Sitzung die Kosten für das jährlich stattfindende Essen kritisiert und erklärt, ihm werde die Mahlzeit nicht schmecken, wenn er sie auf Kosten der Bürger einnehme. "An diesen beiden Ansichten hat auch unsere Einladung nichts geändert", bedauerte Bürgermeister Schneider jetzt.

Während die Bürgerliste ihren Boykott mit dem Gebaren der CWG-Räte – allen voran des Dritten Bürgermeisters Konrad Halbig und des Fraktionschefs Michael Weber – begründen, blieben die Herren der größten Stadtratsfraktion diesmal ruhig – wohl auch weil ihr sonst so redegewandter Kollege Helmut Simon das Essen diesmal entschuldigt ausfallen ließ. Stattdessen waren es diesmal die beiden CSU-Bürgermeister, Michael Schneider und dessen Vize Siegfried Lösch, die das Wort ergriffen und ein ums andere Mal Seitenhiebe auf Kosten der daheim gebliebenen Räte verteilten.

"Ich meine, wer austeilt, sollte auch einstecken können", sagte Schneider. "Egal, wie die Diskussion verläuft." Sein Stellvertreter auf dem Chefsessel ging noch einen Schritt weiter. "Ich danke dir im Namen der Stadträte, die da sind, für deine geleistete Arbeit", lobte er Schneider, der sich aktuell im 27. Jahr seiner Amtszeit befindet. All diejenigen Räte, die nicht anwesend sind, könnten dem Rathauschef ihren Dank persönlich ausrichten, beanstandete er den Boykott der fünf Oppositions-Vertreter und sorgte damit für erste Lacher an dem bis dahin bierernsten Abend. Zugleich lobte er die "eigene konfuziöse Art des Humors", die Schneider immer wieder in den Sitzungen an den Tag legte. Denn: "Nicht immer war allen Stadträten zum Lachen zumute."

Schneider selbst deutete die jüngsten Entwicklungen als Verlust für den Stadtrat. "Für mich hat sich die Hoffnung zerschlagen, dass wir nach drei Jahren endlich zu einer sachorientierten Politik zurückkehren", erklärte der Bürgermeister.

Dennoch wagte er einen optimistischen Blick in die Zukunft – für die Stadt Riedenburg, nicht für ihren Stadtrat. Die Probleme, welche die Bevölkerung in den Bürgerversammlungen vorgebracht haben, sind für Schneider ein Indiz für die gute Situation. "Vieles lässt sich schnell durch die Verwaltung oder den Bauhof klären", stellte er zufrieden fest. Und auch die finanzielle Situation sei weitaus besser als noch in den Versammlungen verkündet (siehe eigenen Bericht). Erfreulich ist seiner Meinung nach auch, dass durch die Einstellung von Elisabeth Niekel als Fachkraft für Stadtmarketing und Tourismus "ein jahrelanger Streitpunkt beseitigt ist". Von den angekündigten Investitionen des Ingolstädter Autobauers Audi, bei dem zahlreiche Riedenburger ihrem Handwerk nachgehen, verspricht sich Schneider ebenfalls einen Nutzen für die Dreiburgenstadt.

Gleichzeitig sind es auch die Stadträte selbst, die zum Jahresabschluss Hilfe leisten – diesmal an den Verein zur Förderung krebskranker und körperbehinderter Kinder. Statt Pralinen und Blumen an die Kommunalpolitiker und deren Partner zu verschenken, spendet das Gremium 200 Euro an diese Initiative, die laut Vize-Bürgermeister Siegfried Lösch "auch 15 Familien aus dem Landkreis Kelheim" betreut.

Später sorgte Lösch mit amüsanten Geschichten unter anderem über den bayerischen Himmel für Unterhaltung. FW-Stadträtin Ingrid Dräger trug zudem ein besinnliches Gedicht von Peter Rosegger vor. "Ein bisschen mehr Frieden und weniger Streit (...), das wäre doch was", heißt es darin. Davon dürften die Riedenburger Stadträte aktuell weit entfernt sein.