Dietfurt - Für rund zwei Drittel der Mitarbeiter der Dietfurter Firma Hanwha dürfte das diesjährige Weihnachtsfest ein trauriges werden. Kurz vor Beginn der Adventszeit haben sie die Kündigung erhalten und müssen somit den Gang zum Arbeitsamt antreten.
Mit einer katastrophalen Auftragslage und stark nachlassenden Aufträgen begründet eine Sprecherin des Automobilzulieferers die Entscheidung, den größten Teil der Arbeiter zu entlassen. Von den derzeit 270 Angestellten werden bis Mitte des kommenden Jahres nur noch 90 am Standort Dietfurt beschäftigt sein, der Rest soll in den ersten Monaten des neuen Jahrs nach und nach das Unternehmen verlassen. Der allgemeine Wandel in der Automobilindustrie, der auch die Zulieferer arg beutelt, wirke sich auch bei Hanwha Advanced Materials aus, hieß es. Dort werden zur Schalldämmung von Fahrzeugen Unterbodenverkleidungen und Radlagerschalen gefertigt. Hanwha fertigt unter anderem für Audi, BMW und Volkswagen. Zur miesen Auftragslage hinzu komme die Coronakrise, die dem Unternehmen zusätzlich zu schaffen macht, das deshalb schon von März bis Juni in Kurzarbeit ging.
"Wir haben zusammen mit dem Betriebsrat einen Sozialplan erstellt, der akkurat umgesetzt wird", ist zu hören. Viele Angestellte von Hanwha kommen aus osteuropäischen Ländern, aus Ungarn, Polen oder Kroatien. Sie werden wohl in ihre Heimatländer zurückkehren, wenn es ihnen nicht gelingt, hier einen neuen Job zu ergattern. Doch sind laut Hanwha alle Lohngruppen bei diesem radikalen Stellenabbau betroffen, nicht nur die in der Fertigung. Auch Dietfurter Arbeitnehmer seien gekündigt worden, informiert die Unternehmenssprecherin, die nach Anweisung der Firmenleitung nicht namentlich genannt werden will.
Auch die drei Außenlager im Breitenbrunner Gewerbegebiet Breitenegg, in Grampersdorf und und in Kösching werden Mitte des Jahres geschlossen, um Kosten zu sparen. "Indem wir uns auf einen Standort konzentrieren, wollen so wenig Kosten wie möglich verursachen." Sie macht auch keinen Hehl daraus, dass man nach diesem Umsatzeinbruch aktuell nicht wisse, wie es mit Hanwha weitergeht. "Wir stehen vor einer ungewissen Zukunft", sagt sie.
Natürlich werde sich die Auftragslage irgendwann erholen, auch Elektrofahrzeuge brauchen Unterbodenverkleidungen und Radlaufschalen, doch dann gelte es erst einmal wieder überhaupt Aufträge zu rekrutieren und die Produktion zum Laufen zu bringen.
Dabei schien es bei dem Unternehmen, das schon mehrfach den Namen gewechselt hat und einige Tiefschläge verkraften musste, zuletzt gut zu laufen. In den ersten Jahren hieß die Firma Kaloplast. Unter dem Namen Takeo musste sie vor zehn Jahren Konkurs anmelden. Mit dem Kauf durch die JH Automotive im Herbst 2011 begannen bessere Zeiten. Unter dem Namen Heycoustics ging es beständig aufwärts, die Produktion wurde beständig ausgeweitet. Vor fünf Jahren dann wurde der Betrieb an den südkoreanischen Konzern verkauft, der sowohl seine Fertigungsflächen als auch die Zahl der Arbeitsplätze gewaltig erweiterte. Von Aufschwung bei Hanwha zeugt die gewaltige Produktionshalle, erbaut im Jahr 2016 im Osten der Sieben-Täler-Stadt. Wegen ihres wuchtigen Erscheinungsbilds stieß sie in der Bevölkerung wie im Stadtrat nicht überall auf Gefallen.
uke
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