Neuburg
"Gurken bleiben liegen"

01.06.2011 | Stand 03.12.2020, 2:46 Uhr

Herkunftsnachweis muss sein, findet Claudia Kienzle.

Neuburg (DK) Ob in der Warteschlange am Gemüsestand oder im Gespräch mit dem Händler – der gefährliche EHEC-Keim war am Mittwoch dominantes Thema auf dem Wochenmarkt. Den Rohkost-Umsatz allerdings beeinflusste das schlagzeilenträchtige Bakterium kaum – im Gegenteil.

"Ich verkaufe seit voriger Woche 20 Prozent mehr Ware. Nur die Gurken bleiben liegen", erklärt Franz Schreyl, Händler aus Aichach. "Wir haben uns jahrelang beim Kunden Vertrauen aufgebaut. Das macht sich jetzt bezahlt", meint er, der an seinem Stand Obst und Gemüse vorwiegend aus Frankreich, Italien und der Bodenseeregion – "alles aus Kontrolliertem Anbau" – anbietet.

Während Tomaten sehr gut gingen, seien Salatgurken der Ladenhüter. Normalerweise haben Franz und Andrea Schreyl drei Kartons à 24 Stück im Sortiment, jetzt ist es nur noch einer. Ein Dutzend Gurken haben sie zur Markthalbzeit verkauft. "Wir kaufen zurzeit weniger ein", sagt Schreyl. Vor allem die Gemüsebauern träfe die Verunsicherung, die EHEC beim Verbraucher ausgelöst habe, hart.

Ware aus Spanien habe er nicht im Sortiment. Auch wenn die Gurken von der iberischen Halbinsel jetzt offenbar doch nicht die EHEC-Infektionsquelle sind, "bleibt das beim Verbraucher irgendwie hängen", ist Schreyl überzeugt.

"Es nervt einfach", findet Händlerin Sabine Rackl, die auf eine baldige Klärung hofft, was die EHEC-Infektionsquelle betrifft. "Es wird viel mehr nachgefragt und vorsichtiger eingekauft", hat die Marktfrau beobachtet. Umsatzeinbußen seien nicht zu beklagen. Der Handel mit Obst und Gemüse sei eben Vertrauenssache "und unsere Kunden wissen, wo die Ware herkommt". An ihrem Stand werde bayerisches Gemüse aus integriertem teilbiologischen Anbau verkauft.

Gundi Schachermaier diskutiert ein paar Meter weiter mit anderen Kundinnen – über EHEC. "Im ersten Moment war ich schon besorgt, weil es so unsicher ist, wo der Ursprung dieses Erregers liegt. Aber Panikmache bringt nichts." Sie setze jetzt auf vertraute Händler. 95 Prozent ihres Bedarfs an Obst und Gemüse decke sie auf dem Markt, "ab und zu kaufe ich auch im Supermarkt Bioartikel ein". An diesem Vormittag hat sie sich für zwei dralle Paprikaschoten und ein paar Tomaten entschieden. Die Frage nach dem Verzehr von Salatgurken stellt sich für die Neuburgerin gar nicht: "Die mag ich nämlich sowieso nicht so gerne." Davon, dass laut Umfragen jeder zweite Deutsche vorübergehend auf den Verzehr von Rohkost verzichten will, hat auch Claudia Kienzle noch nichts bemerkt. "Bei mir haben sogar Leute eingekauft, die ich vorher noch nie gesehen habe." Es gebe ausschließlich deutsche Ware, zum Teil aus eigenem Anbau.

Die Gurken stammten zum Beispiel aus dem fränkischen Knoblauchsland. "Obst und Gemüse verlangen einfach nach viel Hygiene", findet Kienzle, die über den Wochenmarktumsatz genauso wenig wie ihre Kollegen klagen kann. "Allerdings wird seit einer Woche intensiv über die EHEC-Problematik gesprochen."