München
Großes Kino auch ohne Leinwand

Ennio Morricone reist in der Münchner Olympiahalle mit dem Publikum durch 60 Jahre Filmmusik aus seiner Feder

08.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:32 Uhr

Legende der Filmmusik: Ennio Morricone in München. - Foto: imago

München (DK) Von seinen bald 90 Lebensjahren hat der legendäre Komponist sechs Jahrzehnte der Filmmusik gewidmet und dabei Großes geleistet. Jetzt geht Maestro Morricone zum letzten Mal mit seinen Werken auf Tour.

Dementsprechend hoch sind die Erwartungen unter den 6500 Besuchern in der Olympiahalle. Filmeinspielungen wie bei "Der Fluch der Karibik" oder "Harry Potter"-Aufführungen gibt es dabei nicht. Wirkung wird allein durch die unsterblichen Klänge aus Morricones zahlreichen Filmen erzielt. Die passenden Bilder entstehen ohnehin im Kopf.

Punkt 20 Uhr erklimmt der Grandseigneur die Bühne und nimmt vor seinem großen Ensemble am Dirigentenpult Platz. Der mehrfache Oscar- und Grammy-Preisträger führt das Tschechische Nationale Sinfonieorchester zuerst durch Stücke aus weniger bekannten Filmen wie "Die Legende des Ozeanpianisten" und "Baaria", während der Universitätschor München noch stumm im Hintergrund sitzt.

Bei "Chi Mai" aus "Der Profi" mit Jean-Paul Belmondo macht es dann bei einigen Klick. Gleich im Anschluss wird klar, dass es heute um eine grandiose Mischung aus Klassik und Populärmusik geht. Neben Streichern und Bläsern setzen E-Bass und Schlagzeug wichtige Akzente. Die unverwechselbaren Melodien werden in kleinen Blöcken präsentiert, am Ende des zweiten dann auch "Club Paradiso". Bezeichnenderweise geht es in dem Film um ein kleines Kino in Sizilien. Natürlich kommen auch die Westernfans - einige stilecht mit Cowboyhut ausgestattet - auf ihre Kosten. Zum Ende des ersten Teils geht es mit den unsterblichen Themen von Klassikern wie "Todesmelodie" aus den 70er-Jahren und "Spiel mir das Lied vom Tod" in den Wilden Westen. Jetzt kommt auch der Chor mit markanten Vokalparts zum Einsatz. Der wunderbar wehmütige Gesang zu "The Ecstasy Of Gold" aus "Zwei glorreiche Halunken" und in "Jill's Theme" aus "Spiel mir das Lied vom Tod" wird von Sopranistin Susanna Rigacci übernommen.

Nach der Pause bleibt Morricone dem Westerngenre treu, und es werden oscarprämierte Klänge aus Tarantinos "The Hateful Eight" intoniert. Anschließend drei Stücke aus "Das rote Zelt" aus dem Jahr 1969. Gerade bei mehreren Melodien aus einem Film wird der Spannungsbogen zwischen dramatischen und erhabenen Klängen deutlich. Auch aus "The Mission" mit Robert De Niro und Jeremy Irons kommen drei typische Morricone-Tonfolgen zum Einsatz. Der unverkennbare Stil des Meisters mit häufiger Gewichtung auf Querflöte und Streicher kommt hier voll zur Geltung.

Vor den Zugaben verschwindet Morricone in einem kleinen Zelt auf der Bühne, wohl um die Stufen nicht unnötig oft nehmen zu müssen. Zu den Encores haben dann noch mal die Vokalisten ihre Momente. "The Ecstasy Of Gold" wird wiederholt, und die chorlastige Hymne "On Earth As It Is In Heaven" lässt einen großen Abend ausklingen. Im Kopf bleiben vor allem die Westernmelodien und die traurige Tatsache, die Leinwandlegende Morricone wohl zum letzten Mal live erlebt zu haben.