Ingolstadt
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Behörden im Raum Ingolstadt verfallen wegen Afrikanischer Schweinepest nicht in Aktionismus

28.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:45 Uhr

Drei junge Wildschweine im Wald: Das Borstenvieh gilt als Überträger der Afrikanischen Schweinepest, die sich von Osten her Richtung Deutschland ausbreitet. Die Bundesregierung regt eine stärkere Bejagung an und hat die Schonzeit aufgehoben. - Foto: Getty Images

Ingolstadt (DK) Das Schreckgespenst nennt sich Afrikanische Schweinepest. Eine Aufhebung der Schonzeit für Schwarzwild soll die Gefahr einer Einschleppung und Verbreitung hierzulande minimieren. Jäger und Behörden im Raum Ingolstadt sind sensibilisiert, lassen sich aber nicht zu Aktionismus verleiten.

Die für Menschen ungefährliche Tierseuche war vor etwa vier Jahren erstmals in der Europäischen Union aufgetreten, zunächst in Litauen. Seither breitet sie sich zunehmend aus, in Polen gab es heuer zwischen 1. Januar und 27. Februar bereits 575 Neumeldungen, und auch Tschechien ist mittlerweile betroffen. Dort sind im selben Zeitraum 17 Fälle bekannt geworden, die Krankheit ist also nur noch wenige hundert Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Einen Impfstoff gibt es nicht, erkrankte Bestände werden getötet. Die Bundesregierung möchte mit einer stärkeren Bejagung von Schwarzwild die Gefahr einer Einschleppung vermindern, der Bundesrat muss dieser Verordnung noch zustimmen. Die Jagd auf das Borstenvieh ist bisher nur von Mitte Juni bis Ende Januar erlaubt, bei jüngeren Tieren bis zu zwei Jahren ganzjährig.

Im Raum Ingolstadt dürften die größten Wildschweinbestände im Kreis Eichstätt leben, legt man die Abschusszahlen zugrunde. "In der Saison 2016 sind 1821 Tiere zur Strecke gebracht worden, 2015 waren es 2614 und im Jahr davor 2861", sagt Manfred Schmidmeier vom Landratsamt Eichstätt. Die geplante Schonzeitaufhebung habe man zur Kenntnis genommen, "aber auch nur aus der Zeitung. Wir werden jetzt nicht in Aktionismus verfallen, sondern die Entwicklung abwarten und mit Maß reagieren". Natürlich gebe es einen Plan, was geschehen muss, sollte die Afrikanische Schweinepest tatsächlich hierzulande auftreten. "Dazu gehören zum Beispiel die Einrichtung von Sammelstellen für Konfiskate und andere hygienische Maßnahmen", erklärt Schmidmeier.

Im Kreis Pfaffenhofen gab es voriges Jahr über 1000 Abschüsse, 2016 waren es 767. Grund zur Panik sieht man dort nicht. "Für die Bauern bedeuten die vielen Wildschweine schon ein Problem", sagt Karl Huber vom Landratsamt. Aber auch er plädiert dafür, Ruhe zu bewahren. Martin Braun, Vorsitzender der Jägervereinigung Pfaffenhofen, zeigt sich überzeugt, "dass die Tschechen bei der Bekämpfung der Seuche gute Arbeit machen". Er kann sich aber "die eine oder andere Drückjagd" vorstellen, sollte die Schonzeit fallen.

605 Wildschweine waren 2016 im Kreis Neuburg-Schrobenhausen geschossen worden. Was die Afrikanische Schweinepest betrifft, "sind wir sensibilisiert und verfolgen das sehr aufmerksam", sagt die Landratsamtssprecherin Sabine Gooss. Ebenso unaufgeregt handhabt das die Stadt Ingolstadt, wo pro Jahr gerade mal 60 Tiere zur Strecke gebracht wurden. Dort geht der Umweltreferent und Tiermediziner Rupert Ebner davon aus, dass die Seuche über kurz oder lang auch hierzulande auftreten wird. Selbst eine verstärkte Bejagung kann das nicht verhindern, denn die größte Gefahr geht immer noch von uns Menschen aus", meint Ebner. "Der Erreger kann an Schuhen und auf Lkw-Ladeflächen haften oder in einem Wurstbrot stecken, das ein Kraftfahrer wegwirft."

Für die Ingolstädter Jäger ist das Thema überaus präsent. Die Afrikanische Schweinepest könne ganz plötzlich auftreten, befürchtet Michael Netter vom Jagdschutz- und Jägerverein. "Wir sind eine Industriestadt mit viel Lieferverkehr aus Osteuropa, da ist gleich etwas passiert." Das Schwarzwild kurz zu halten, sei nur eine Option. Er fände es zudem sinnvoll, mehr Müllbehälter an den Parkplätzen aufzustellen, damit infizierte Lebensmittel nicht in der Natur landen. "Panikmache ist fehl am Platz, aber Nichtstun auch ein Fehler. Wir sind deshalb im Gespräch mit den Behörden."