Regensburg
Bewährungsstrafe für Mutter

Sie ließ ihr Neugeborenes sterben: Regensburger Richter verurteilen 37-Jährige wegen fahrlässiger Tötung

28.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:45 Uhr

Die 37-jährige Angeklagte kurz vor der Urteilsverkündung am Landgericht Regensburg. Mehrere Fragen blieben am Ende des Prozesses offen. - Foto: Jädicke

Regensburg (DK) Die Mutter der kleinen Esmeralda ist schuldig. Gestern fällten die Richter das Urteil im Fall des toten Babys aus Zeitlarn (Kreis Regensburg). Die heute 37-jährige Mutter wurde wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.

Das Urteil schien ihr doch nahe zu gehen. Mit gesenktem Blick verfolgte die Mutter des toten Babys die Urteilsverkündung. Die Richter der Schwurgerichtskammer am Landgericht Regensburg waren im Wesentlichen der Staatsanwaltschaft gefolgt. Die hatte eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren und 400 Arbeitsstunden gefordert. Im Strafmaß blieben die Richter jedoch hinter der Forderung der Anklage zurück. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Ursprünglich hatte die Anklage auf Totschlag gelautet. Schon am Morgen war der Staatsanwalt aber in seinem Plädoyer von der ursprünglichen Auffassung abgerückt. Danach soll die Frau ihr Neugeborenes bei einer Hausgeburt - ohne Unterstützung durch Ärzte oder Hebammen - im Dezember 2016 zwischen Weihnachten und Neujahr zur Welt gebracht haben. Anschließend soll sie das Kind mit der Absicht, es zu töten, in Decken und eine Tüte gewickelt haben, es in einen Koffer gelegt und diesen in einem Plastiksack auf den Speicher gelegt haben. Das Mädchen sei innerhalb weniger Stunden gestorben.

Die Frau hatte diese Vorwürfe zu Prozessauftakt bestritten und behauptet, das Baby habe von selbst aufgehört zu atmen. Sie habe den leblos auf ihrem Bauch liegenden Säugling versucht wiederzubeleben. Der Lebenspartner der Angeklagten hatte nach seiner Rückkehr aus einem Urlaub 2017 Blut in der Wohnung gefunden und die Polizei verständigt.

Auch nach Auffassung der Richter war die vorsätzliche Tötung nicht erwiesen, "obwohl es durchaus Hinweise auf eine Tötungsabsicht gegeben hätte", sagte der Richter in seiner Urteilbegründung. Außer Zweifel stand für das Gericht aber die fahrlässige Tötung durch Unterlassen.

Vor allem die Internetrechen der Frau und die Chatprotokolle mit ihrem Lebenspartner und einem weiteren Bekannten hatten gezeigt, dass sie sich nicht nur der Risiken einer Hausgeburt ohne ärztliche Hilfe voll bewusst war, sondern auch unter allen Umständen verhindern wollte, das Freunde und Bekannte von der Geburt erfahren. Noch wenige Tage bevor das Kind im Dezember 2016 zur Welt kam, hatte sie Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruchs im Internet recherchiert. Die Suchanfragen reichten von "Schwangerschaft manipulieren", über "Abtreibungspille ohne Rezept kaufen" und "Geburt ohne ärztliche Hilfe" bis zu den Öffnungszeiten der Babyklappe am Klinikum St. Hedwigs in Regensburg. Zugute hielten ihr die Richter, dass sie bislang nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten war und sich, unter dem Eindruck der U-Haft und der Ereignisse, selbst in psychiatrische Behandlung begeben hat. Auch ansonsten lebe sie in geordneten Verhältnissen.

Tatsächlich hat die kleine Esmeralda laut den Gerichtsmediziner nur sechs Stunden gelebt. Das Baby starb an einem Sauerstoffmangel. Was letztendlich zu diesem führte, konnte nicht abschließend ermittelt werden. Möglich ist, dass das Neugeborene wegen einer Unterkühlung zu wenig Sauerstoff bekam. Das Urteil ist rechtskräftig.