Ingolstadt (DK) Was haben eine Doktorandin der Slawistik, eine Rechtsreferendarin und eine Absolventin des Deutschen Literaturinsituts Leipzig gemeinsam.
Sie alle sind die diesjährigen Preisträger des Literaturwettbewerbs "Literatur Update", bei der sich Schriftstellerinnen und Schriftsteller bis 35 Jahre bewerben konnten.
Gesundheit und Krankheit sind heuer das Thema des Nachwuchswettbewerbs der Literaturstiftung Bayern im Rahmen des kunst&gesund-Festivals. Von 80 eingereichten Beiträgen wurden die besten drei ausgezeichnet. Weitere drei Jungschriftsteller erhielten einen Sonderpreis.
"Wir haben viele sehr spannende, sehr großartige, sehr kluge Texte gelesen", sagt Pauline Füg in ihrer Laudatio im Deutschen Medizinhistorischen Museum. Der Ort ist ganz bewusst gewählt. Denn Texte - sowohl Prosa als auch Lyrik -, in denen das Therma Krankheit auf unterschiedlichste Weise beschrieben wird, passen thematisch wunderbar in das Ambiente der Alten Anatomie der Stadt.
Die studierte Psychologin Pauline Füg hatte selbst vor acht Jahren diesen Preis gewonnen. "Ich bin sehr dankbar für solche Schreibwettbewerbe, wie diesen hier", sagt Füg. "Die Literaturstiftung Bayern zeigt ihr Interesse an den Schreibenden, am Nachwuchs, an der Szene. "
Die Preisträger selbst haben an diesem Abend ihre Texte erstmals öffentlich vorgetragen. Gewinnerin des ersten Platzes ist Hannah Wiborg mit ihrem Text "Von Wassermenschen und Seerosen". "Hannah Wiborg gelingt es, in ihrem Text aus einer realistischen Kind-Perspektive mit behutsamer Sprache über eine Krankheit zu erzählen. Ihr Text hat uns inhaltlich und formal überzeugt", lobt Füg die Gewinnerin.
Platz zwei geht an die Slawistikdoktorandin Slata Roschal, die sieben Gedichte eingereicht hatte. "Ihr Text mit dem Titel ,Ordnergedicht - Imitation des 3. Regales von unten im Raum 3.1., Sachbearbeiterin Frau N' überzeugt durch mehrheitlich simple grafische Elemente, die so viel mehr sagen, als eben nur eine simple Grafik", so Füg. Ihre collage-artigen Gedichte "offenbaren einen ungewöhnlichen Zugang zur Sprache". Sie schaffe es, "auf beeindruckende Weise Bilder aus der Realität in eine sprachliche Anordnung zu bringen. "
Nur einen Auszug konnte die Drittplatzierte Désirée Opela vortragen. Sie reichte einen Teil ihres Romans "und in unseren Bäumen die Vögel" ein. Füg betont, dass "vor allem das dichte atmosphärische Erzählen, das große handwerkliche Können und die greifbaren Figuren ausschlaggebend für die Platzierung" gewesen waren.
Unter den 80 Einsendungen befanden sich viel gute Texte. So viele, dass sich die Jury entschied, heuer - neben den drei Preisträgerinnen - weitere drei mit einem Sonderpreis zu prämieren.
Dazu zählte der Text "Elefantenhaut" von Janine Adomeit, die terminlich verhindert war. "In ihrem Tagebuchroman schickt sich die Ich-Erzählerin Linda selber Briefe aus der Psychatrie", beschreibt Füg das Werk.
Lauritz Müller erhielt den Sonderpreis für sein Gedicht "bruxismen. ein blason". In ungewöhnlich kombinierten Blocksatz-Strophen dokumentiere er den Muskeltonus, das Gehirn und das Haar, sagt Füg.
Der dritte Sonderpreisträger Manuel Schumann amüsierte das Publikum besonders. In seiner Kurzgeschichte "Spaltung" geht der Protagonist Tobias Hintermüller zum Arzt. Der selbst nicht mit dem Leben Zufriedene erhält vom Mediziner drei Behandlungsmethoden. Mit der Krankheit leben, sein Leben komplett umkrempeln oder ein wuchtiger Schlag mit der Axt in den Schädel. Das besondere dabei ist, dass der Leser selbst entscheiden kann, für welche Behandlungsmethode er sich entscheidet. Schumann liest alle drei Varianten vor, die jede für sich ein überraschendes Ende offenbaren.
Die Beiträge der Preisträger werden im Laufe dieses Jahres noch in einem Buch veröffentlicht. Zum Abschluss ihrer Laudatio richtete sich Pauline Füg nochmal direkt an die Gewinner: "Macht weiter. Vernetzt euch. Ihr seid viele. ".
Thomas Leurs
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