Neuburg
Abschlepper hat Ärger am Haken

Ohne Auftrag gehandelt? 58-jähriger Unternehmer und sein Sohn müssen sich wegen Nötigung verantworten

18.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:32 Uhr

Neuburg (szs) Ein Neuburger Abschleppunternehmer muss sich seit gestern vor dem Neuburger Strafgericht verantworten, weil er laut Anklage eigenmächtig Autos im Bereich von Baustellen in der Stadt abgeschleppt hat - und auch entsprechende Strafen und Gebühren kassiert hat.

Vor dem Zivilgericht hat der 58-Jährige im November bereits eine Schlappe erlitten und musste einer Autofahrerin 261,80 Euro zurückzahlen. Vor dem Strafgericht wird ihm und seinem Sohn nun Nötigung vorgeworfen.

"Die entscheidende Frage ist: Existiert der Auftrag oder nicht", umriss Richter Christian Veh den Kern der Verhandlung. Der Abschlepper beteuerte vehement: Ja. Für jeden der fünf abgeschleppten Wagen im Umfeld von Nahwärme-Baustellen in der Sudetenlandstraße und in der Bahnhofstraße in Neuburg habe er die Berechtigung gehabt, sie an den Haken zu nehmen. Nur nachweisen konnte er die Aufträge bereits vor dem Zivilgericht nicht - und auch gestern sorgte keiner der gehörten Zeugen, darunter ein Beamter aus dem städtischen Ordnungsamt und zwei Bauarbeiter, für Entlastung.

Die Verhandlung hatte etwas vom königlich-bayrischen Amtsgericht: Zwar sagten die beiden Arbeiter - die sich beide eine Rüge vom Richter einholten, weil sie im Blaumann vor Gericht erschienen waren - aus, dass die Arbeiten durch die Abschlepper wirklich sehr erleichtert wurden, weil viele Autos störten. Doch einen Auftrag für die Männer mit dem Haken am Lkw hatte keiner der Bauarbeiter erteilt. "Die Herren haben gesagt, sie sind für die Stadt als Baustellenaufsicht tätig", sagte einer. Der 58-Jährige habe sich auch um den Verkehr gekümmert, Autos angehalten, wenn der Bagger gedreht wurde und, und, und. Für die Arbeiter eine ungewohnte Unterstützung - für die Autofahrer ein Ärgernis. "Der Ältere hat mir eine Moralpredigt gehalten, wie ich Auto zu fahren habe", berichtete ein Schichtarbeiter - der in der Sudetenlandstraße vor dem Weg zur Arbeit vergeblich nach seinem Auto suchte und 335 Euro gezahlt hat, um es wieder zu bekommen. Auch die anderen Betroffenen haben alle gezahlt. Die Autorität des korpulenten Abschleppers traute sich offenbar niemand zu hinterfragen. "Da ist man so baff in dem Moment", sagte eine Rentnerin, die "aus Kulanz" nur 50 Euro zahlen musste, weil noch kein Haken befestigt worden war. "Habt ihr nicht 50 Euro für die Stadt übrig. ", habe der Abschlepper gefragt. Eine andere Rentnerin berichtete, von dem Abschlepper auch noch überaus unfreundich belehrt worden zu sein. "Ich bin eben von meiner Mentalität her so", entschuldigte sich der Angeklagte, der vor Gericht sichtlich Mühe hatte, sein Temperament zurückzuhalten.

Es zeichnete sich am ersten Verhandlungstag ab, dass der Seniorchef des Unternehmens die Federführung bei den Aktionen hatte, sein Sohn eher eine Nebenrolle gespielt hat. Richter Veh will noch weitere Zeugen hören, bevor er ein Urteil trifft.