Giannis Antetokounmpo ist im Basketball-Olymp angekommen. Mit einer Leistung für die Geschichtsbücher führt er seine Bucks zum ersten Titel seit 50 Jahren.
Mit einer fetten Skibrille auf dem Kopf und der Trophäe im Arm verteilte Giannis Antetokounmpo in der Kabine Zigarren.
Der „Greek Freak“ konnte nach seiner geschichtsträchtigen Basketball-Leistung und 50 Punkten, die seine Milwaukee Bucks zum ersten Mal nach 50 Jahren zum NBA-Meister machten, gar nicht mehr mit dem Genuss aufhören.
„Dieses Gefühl macht süchtig“
„Dieses Gefühl macht süchtig“, sagte der 26-Jährige, der genau zehn Jahre nach Dirk Nowitzki ein Kunststück wiederholte, das sich in aller Kürze so beschreiben lässt: Zunächst belächelter Europäer führt starkes Kollektiv mit überragender Einzelleistung zum Titel in der besten Basketball-Liga der Welt.
„Das bedeutet mir viel. Ich möchte Milwaukee danken dafür, dass sie an mich geglaubt haben, ebenso wie meinen Mitspielern. Ich bin froh, dass wir das geschafft haben“, sagte der Ausnahmeathlet noch auf dem Spielfeld. Beim 105:98-Sieg im sechsten Finale, das den 4:2-Triumph der Bucks gegen die Phoenix Suns perfekt machte, hatte Antetokounmpo nach seinen sagenhaften 50 Zählern auch die Auszeichnung zum wertvollsten Spieler der Finals erhalten. Der Grieche wirkte wie losgelöst, brüllte ins Mikrofon und zog direkt die Skibrille auf, mit der er durch die längst zum Partytempel gewordene Arena zog.
Vorbild in Afrika und Europa
Etwas später saß er mit beiden Trophäen auf dem Pressepodium, liebkoste und verteilte Küsse an die Pokale und flüsterte einmal zum kleineren MVP-Pokal: „Sei nicht eifersüchtig.“ Emotional beschrieb er seinen Weg vom unbekannten Jungen nigerianischer Einwanderer in Griechenland ins Finale der NBA. „Ich weiß, dass ich ein Vorbild bin in Afrika und Europa. Das hier sollte jedem Kind zeigen, dass es sich lohnt, an seine Träume zu glauben.“
Nach zwei Trophäen als wertvollster Spieler der NBA ist er nun offiziell Champion und dazu bester Akteur der Finalserie. Das war aus Europa zuvor nur dem Franzosen Tony Parker (2007) und eben Nowitzki gelungen, der seine Dallas Mavericks 2011 gegen alle Widerstände zum Triumph über die Miami Heat führte. Auch Antetokounmpos Bruder Thanasis steht im Kader der Bucks, der dritte Bruder Kostas hatte den Titel im vergangenen Jahr mit den Los Angeles Lakers geholt.
Antetokounmpos Top-Quote
Etwa 17.000 Zuschauer im Fiserv Forum und weitere mindestens 50.000 rund um die Halle im US-Bundesstaat Wisconsin feierten Antetokounmpo immer wieder mit MVP-Sprechchören - und das völlig zurecht. Der Superstar steuerte neben den 50 Zählern auch 14 Rebounds und fünf Blocks bei. Die letzten Spieler, die in einem Finals-Spiel 50 oder mehr Zähler gemacht haben, waren LeBron James (2018) und Michael Jordan (1993).
Die womöglich beste und mit Sicherheit meistbeachtete Leistung seiner Karriere war auch deswegen so beeindruckend, weil er überragende 17 seiner 19 Freiwürfe traf - normalerweise eine der wenigen Schwächen. „Ich habe die verdammten Freiwürfe gemacht, und ich bin ein Champion. Ich habe sie gemacht, als ich sie machen musste“, rief er erleichtert.
Die Suns um Chris Paul und Devin Booker waren vor der Pokal-Übergabe bereits enttäuscht in den Katakomben verschwunden. Statt der Krönung für eine exzellente Saison muss das Team aus Arizona weiter auf den ersten NBA-Titel seiner Geschichte warten. Der 24 Jahre alte Booker, der nun bei den Olympischen Spielen in Tokio mit den Bucks-Profis Khris Middleton und Jrue Holiday für die US-Nationalmannschaft spielen wird, hat noch Zeit.
Paul will weitermachen
Für den zwölf Jahre älteren Paul dagegen war dies womöglich die einzige echte Chance auf den Titel. Aufgeben will der Routinier aber nicht. „Lasst uns weiterarbeiten. Ich werde meine Karriere nicht beenden, wenn das die Frage ist. Also, zurück an die Arbeit. Nicht mehr und nicht weniger“, antwortete der gefrustete Paul auf entsprechende Nachfragen.
Mit 26 Punkten war der Anführer zwar der beste Werfer seines Teams, konnte das Spiel aber nie wie Antetokounmpo entscheidend auf die Seite seiner Mannschaft ziehen. Der Grieche punktete zeitweise ähnlich gut wie sein ganzes restliches Team - aber mit deutlich besseren Trefferquoten. Im letzten Viertel gingen die Bucks zuerst in Führung und ließen die Suns dann nicht mehr herankommen. Superstar James twitterte prompt Glückwünsche und ulkte: „Den Scheiß habt ihr euch verdient.“
Sah man sich Antetokounmpos Gesichtsausdruck nach der Pokalübergabe an, war auch der „Greek Freak“ dieser Meinung. Im Dezember hatte er einen neuen Fünfjahresvertrag in Milwaukee unterschrieben. „Ich hätte zu einem Superteam gehen können und einen Titel gewinnen und einfach meinen Teil beitragen. Das hier ist der harte Weg. Und wir haben es verdammt noch mal geschafft.“ Genauso war es bei Nowitzki 2011 abgelaufen.
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dpa
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