''Gott geht in die schäbigen Zonen''

26.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:52 Uhr
Die Eichiner-Buam und Freunde sendeten am Heiligen Abend vom Eichstätter Rathausturm aus musikalische Weihnachtsgrüße in alle vier Himmelsrichtungen. Anschließend spielten sie traditionsgemäß auf dem Ostenfriedhof. −Foto: Auer

Eichstätt (EK) Äußerst gut besucht waren die Weihnachtsgottesdienste in Eichstätt – und einer von ihnen wirkte weit über das Altmühltal hinaus: Die Christmette mit Domvikar Reinhard Kürzinger in der Frauenbergkapelle wurde von der Deutschen Welle und dem Deutschlandfunk live übertragen.

Im Dom predigte beim Pontifikalamt am Weihnachtstag Bischof Gregor Maria Hanke. Die Geburt Jesu bedeute: „Gott ist aufgebrochen an die Unfallstelle der Schöpfung – zum Menschen, der beschädigt und gefallen ist, der Unheil in die Welt hineinträgt.“ Gott werde Mensch, um in die dunklen und schäbigen Zonen der Welt zu gehen, zu den Sündern, zu den Armen und Kranken, zu den vom Leben Bestraften, sagte der Bischof. Dabei nehme er auch die Ablehnung der Menschen in Kauf, die sich in der Kreuzigung Jesu manifestiere. „Seine Kreuzigung reicht bis in unsere Gegenwart in Gestalt von Krieg, Terror und Gewalt, wie jüngst in Berlin.“

Die Unfähigkeit, lieben zu können, werde zur Quelle vieler Konflikte im Miteinander, stellte Bischof Hanke in seiner Predigt fest. Gewalttätigkeit, die sich stets gegen den Schöpfer richtet, werde gar als Gottesdienst verstanden. Der Mensch wolle „im Modus des Habens“ leben. „Er reißt die Schöpfung an sich und bedient sich am Leben auf Kosten anderer.“ Die Geburt des Gotteskindes in einem schäbigen Stall sei nicht ein himmlischer Regiefehler, sondern Offenbarung der Sendung Jesu, so der Eichstätter Bischof.

In der bis auf den letzten Platz besetzten evangelischen Erlöserkirche predigte Pfarrer Sieghart Schneider über das Wunder der Weihnacht: „Gott gibt alles, was er hat, seinen Sohn, und nimmt an, was wir haben und sind. Er wird Mensch.“ Dieses Wunder könne man nur mit dem Herzen sehen. „Gott gibt niemanden verloren. Es liegt an uns, ob wir kritisch bei unseren Vorbehalten und Fragen stehen bleiben oder uns von dem Liebhaber des Lebens beschenken lassen.“ Der Christbaum in der Erlöserkirche wurde in diesem Jahr nur mit Strohsternen und rot-gelben Äpfeln geschmückt. Die Botschaft: Mit der Geburt Jesu im Stroh des Stalles von Bethlehem öffnet Gott an Weihnachten neu das Paradies, aus dem Adam und Eva einst vertrieben wurden, als sie verbotenermaßen vom Apfel gekostet hatten.

Bei der vom Deutschlandfunk und der Deutschen Welle in alle Welt gesendeten Christmette in der Frauenbergkapelle stellte Domvikar Kürzinger den Zuhörern einleitend zunächst die Stadt Eichstätt und die malerische Lage der Kapelle hoch über der Stadt dar. In seiner Predigt ging er dann ausführlich auf die „Schattenkrippe“ der Rupertsbucher „Gopperer“ am Steinbruch beim Schernfelder Kreisel ein und nahm das Bild vom Schatten in verschiedensten Varianten auf: „Die Menschwerdung Gottes stellt alles in den Schatten.“ Der Mensch sei mit all seinen Licht- und Schattenseiten und gerade in dunklen Stunden beim göttlichen Kind in der Krippe geborgen. Musikalisch wurde diese Christmette von der Familie Pscherer gestaltet.