Wolfsburg
Golf aus dem Baukasten

VW-Konzern fertigt Autos aus immer mehr gleichen Teilen – Fehler haben dabei verheerende Folgen

22.08.2012 | Stand 03.12.2020, 1:08 Uhr

Wolfsburg (dapd) Die nächste Generation des VW-Golf wird länger und breiter, aber deutlich leichter als der Vorgänger. Wenige Tage vor der Weltpremiere der siebten Generation am 4. September in Berlin enthüllte VW gestern erste Geheimnisse des Millionensellers. Doch über das große Risiko bei der Modellumstellung sagte der Weltkonzern lieber nichts: Zusammen mit dem neuen Golf führt VW quer durch alle Konzernmarken das Konstruktionsprinzip MQB (Modularer Querbaukasten) ein, das extrem auf den Einsatz gleicher Teile setzt.

Europas größter Autohersteller Volkswagen ist in der Kompaktklasse dem massiven Angriff der Konkurrenz ausgesetzt: So will sich etwa Mercedes ein Stück vom Kuchen abschneiden und hat die A-Klasse völlig neu konstruiert und als Golf-Herausforderer positioniert. Auch Toyota bringt in diesen Tagen ein grundlegend überarbeitetes Modell des Auris auf den Markt. BMW wildert schon lange mit dem 1er im Golf-Revier.

VW will den Angriff der Verfolger beim neuen Golf mit einem Technologiesprung abwehren. VW-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg sagte, der Kompaktwagen zeige „immer eine gewisse Überlegenheit“ und sei „immer die Messlatte“. So sei die siebte Generation mit nun 1150 Kilogramm bis zu 100 Kilogramm leichter als der Vorgänger und das leichteste Auto in dem Segment. Das meiste Gewicht spart VW beim Blech: 80 Prozent des Autos bestehen aus hochfestem Stahl, der teurer, aber leichter ist als klassische Bleche. Aber auch Sitze, Motor und Elektrik mussten abspecken.

Gleichzeitig wurde das beliebteste Auto der Deutschen fast sechs Zentimeter länger und rund einen Zentimeter breiter. Das bedeutet mehr Platz auf der Rückbank und mehr Ellenbogenfreiheit. Der Kofferraum wächst um 30 auf 380 Liter. Der Spritverbrauch soll durch das niedrigere Gewicht in den sparsamsten Versionen um bis zu 23 Prozent fallen, auf 4,8 Liter beim Benziner und rund 3,3 Liter in der Dieselversion.

VW setzt beim Bau des Golf 7 auf ein ganz neues Technikmodell: Der Wagen baut wie das Schwestermodell Audi A3 und später auch Seat Leon, Skoda Oktavia und noch viele mehr auf dem MQB des VW-Konzerns auf. Damit werden die Fahrzeuge unter dem Blechkleid noch einheitlicher als bisher.

Wenn dabei aber ein Qualitätsproblem etwa mit fehlerhaften Teilen auftritt, dann gleich millionenfach und nicht nur bei einer Marke. Ähnliches hat zuletzt Toyota erlebt und musste mit tiefen Kratzern auf dem früher makellosen Image als Qualitätshersteller büßen. Deshalb wird der Anlauf des Golf 7 in Wolfsburg zurzeit überwacht wie noch nie.

Die Fehler etwa des Golf 5 sollen sich nicht wiederholen: Damals hatte VW den Preis viel zu hoch angesetzt und musste wenig später eine Klimaanlage für über 1000 Euro kostenlos dazugeben, um den Absatz anzukurbeln.