München
Götter in Gold gefasst

Der Schmuckmacher Wolfgang Skoluda verarbeitet antike Steine

04.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:17 Uhr
"Kostbare Splitter einer vergangenen Kultur" verarbeitet der Künstler Wolfgang Skoluda. −Foto: Antikensammlung

München (DK) "Während wir trinken, / während wir Kränze, / Salböle und Mädchen / verlangen, überrascht uns / unbemerkt das Alter.

" Mit der lateinischen Inschrift auf einem Silberplättchen - ein Zitat des römischen Satirikers Juvenal - komplettiert Wolfgang Skoluda die Schauspielermaske eines komischen Alten, geschnitten aus einem winzigen Stein im 2. Jahrhundert nach Christus. Nur ein oder zwei Zentimeter sind die antiken Objekte klein, die Skoluda verarbeitet. "Schmuckmacher" nennt er sich bescheiden - dabei hat er sich Wissen über die Antike angeeignet, und er besitzt Einfallsreichtum und Geschmack, um die jahrtausendealten Splitter zu interpretieren und neu zu kombinieren. Mit der Ausstellung "Glanzlichter" zeigt die Antikensammlung nun in sechs Vitrinen antiken Schmuck und in elf Vitrinen neuen Schmuck aus antiken Steinen, tragbar gemacht in Form von Ringen, Ketten, Ohrgehängen.

Der 1935 geborene Skoluda fertigt - nach Umwegen über Mode und Malerei - seit sechzig Jahren Schmuck. Zunächst stellt er schwere Ketten aus Silber her, dann beginnt er, geschnittene Schmucksteine der Antike zu sammeln und in Gold zu fassen. Dabei ergänzt er die Fundstücke spielerisch mit antikem Glas, mit kunstvollen Ornamenten aus schwerem Gold, mit farbigen Perlen aus Stein.

Der Handel mit antiken Gemmen und Kameen von Ausgrabungsstätten in Ägypten, Mesopotamien, Persien, Griechenland, Etrurien oder Rom ist in den letzten Jahrzehnten geschrumpft. Auch war die Verarbeitung solcher Miniatur-Kunstwerke nicht unumstritten, weil sie dadurch in Privatbesitz gelangen, statt im Museum aufbewahrt zu werden. Liebhaber der Antike verweisen freilich darauf, dass die geschnittenen Steine ja zu dem Zweck geschaffen wurden, als Schmuckstücke einen Besitzer zu erfreuen, seine Repräsentation zu stützen und im Fall eines Medusen-Hauptes oder eines beschrifteten Amuletts auch das Böse fernzuhalten und den Träger des Schmuckes zu beschützen.

Bis heute streiten die Forscher, wie Handwerker der Antike die oft feinsten Linien in Stein schneiden konnten, ohne Lupen zu besitzen. Möglicherweise hat man Kurzsichtige beschäftigt, oder Bergkristall wurde als Vergrößerungsglas benutzt. In der Antikensammlung wird nun deutlich, dass Skoluda schwere Goldfassungen bevorzugt, während der Materialwert dieses Edelmetalls in der Antike so hoch war, dass es nur sehr fein und dünn verarbeitet wurde. Die Besucher der Schau müssen nun ganz genau hinschauen, um das eine vom anderen zu unterscheiden - eine genaue Beschriftung der Vitrinen, die Skoluda mit Leihgaben von vierzig privaten Leihgebern und aus zwei Museen bestücken durfte, wäre hilfreich gewesen, um auch das Auge des Laien zu führen.

Athene, Poseidon, Dionysos und Medusa, die vertieft in den Stein geschnitten wurden, sind freilich nur erkennbar für denjenigen, der mit geschärftem Blick und Geduld die Götter studiert, die sich auf den winzigen Steinen mehr verbergen als zeigen. Für Skoluda sind diese Steine "Splitter einer vergangenen Kultur und erinnern uns an die Verantwortung für die eigene. " Wie sehr er selbst unter der Zerstörung von Lebenswelten gelitten hat, erzählt er so nebenbei mit Blick auf seine Werke: "Ich war als Kind in Hamburg ausgebombt - daher kommt meine Sehnsucht, was kaputt ist, zu heilen. "

Antikensammlung am Königsplatz, bis 10. Juni, geöffnet täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr.

Annette Krauß