Thalhof
Glücklichere Schweine

Bei Pfaffenhofen wollen ein Landwirt und seine Frau zeigen, wie eine alternative Mast funktionieren kann

16.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:25 Uhr

Diskutieren angeregt über artgerechte Tierhaltung: Peter Bernhart, Richard Fischer, Michael Weichselbaumer, Stephan Kreppold und Barbara Weichselbaumer (von links). - Foto: Ermert

Thalhof (DK) Die Weichselbaumers haben eine Vision. Das Landwirtsehepaar aus Thalhof will Schweine profitabel halten, aber den Tieren ein artgerechtes Leben bieten. Auf konventionelle Weise ist das kaum möglich, ganz auf Öko können sie nicht umstellen - also beschreiten sie einen Sonderweg.

Als das Vorhaben im Pfaffenhofener Bauausschuss behandelt wurde, waren die Räte schlecht informiert. "Ich habe gedacht, es geht um Massentierhaltung. Daher habe ich mit Nein gestimmt", erzählt Richard Fischer (ÖDP). Eigentlich sind Ställe privilegierte Bauvorhaben. So etwas geht ans Landratsamt, alle Auflagen werden geprüft - und wenn sie erfüllt werden, darf der Landwirt bauen. Die Öffentlichkeit erfährt davon selten etwas. Beim Schweinestall für bis zu 500 Tiere von Barbara und Michael Weichselbaumer war das anders. Die beiden beschreiten den Weg durch die Instanzen. Weil sie wegen eines fehlenden Wegerechts müssen - und weil sie das auch wollen.

Was der Landwirt Michael Weichselbaumer plant, der den Doimer-Hof mit seiner Frau führt, hat es in sich - und ist ungewöhnlich. So ungewöhnlich, dass sogar Peter Bernhart vom Bund Naturschutz um Nachsicht für seine erste Reaktion bittet. "Auch ich bin von Massentierhaltung ausgegangen", sagt der Tier- und Naturschützer. Daher hat er das Vorhaben attackiert. "Das hätte ich nicht, wenn ich gewusst hätte, was entstehen soll", sagt er jetzt. Und auch Richard Fischer bedauert, dass er sich vertan hat. "Wir hatten zu wenig Infos."

Die Weichselbaumers sind Hopfenbauern. Damit verdienen sie ihren Lebensunterhalt. Als zweites Standbein haben sie eine Biogasanlage errichtet, die gute Erträge abwirft. "Wir haben sichere Einnahmen. Auch daher haben wir beschlossen, bei der Schweinehaltung einen Sonderweg einzuschlagen", sagt der Betriebsleiter. Er hat von der Pike auf gelernt, wie Schweine auf konventionelle Weise zu halten sind. Und er hat es auch getan. Jahrelang. Dann hat bei ihm und seiner Frau ein Umdenken eingesetzt. "Seither spukt es in unseren Köpfen umher, die Schweine tiergerecht halten zu wollen", sagt die Bäuerin. Den Ausschlag gaben die Kinder. Diese wollten selbst Ferkel halten. Natürlich nicht in einem großen Stall, der einer Industriehalle gleicht, sondern draußen im Freien. In einer Hütte. Auf der Wiese. Im ganz kleinen Stil.

Die Weichselbaumers begannen zu experimentieren. Die kleinen Ferkel gediehen prächtig und waren kerngesund. "Da haben wir erlebt, wie schön es sich anfühlt, Schweine auf diese Weise zu halten", sagt der Landwirt. Vier Jahre zogen ins Land, bis aus der Idee ein Plan entstanden ist. Vor einigen Monaten haben die Doimer-Bauern ihren alten Schweinestall geräumt. "Wir werden auf diese Weise kein Tier mehr großziehen", versichert Michael Weichselbaumer.

Die Weichselbaumers verzichten zudem auf Fördergelder. Weil sie mit dem Bauvorhaben beweisen möchten, dass ein Stall relativ günstig errichtet werden kann, aber dennoch funktioniert. "Wir brauchen keine teure Lüftung und keine großartige Technik", erklärt Weichselbaumer, weshalb ein konventioneller Stall um ein Vielfaches mehr kosten würde als sein Bauvorhaben, das er im niedrigen sechsstelligen Euro-Bereich ansiedelt. "Wir sind enorm umweltfreundlich", sagt der Betriebsleiter. Bislang hat er in seinem Stall jährlich rund 20 000 Kilowattstunden Strom verbraucht. In Zukunft verbraucht er kaum noch Strom, produziert aber jährlich um die 250 000 Kilowattstunden mit einer riesigen Photovoltaikanlage auf dem Dach.

Drei Pferde, ein Hund, etwa 40 Hühner - für den Eigenbedarf - und einige Rehe im Freigehege laufen auf dem Doimer-Hof herum. Dass es dennoch vier Jahre dauerte, bis sich das Landwirtspaar dazu entschloss, Nägel mit Köpfen zu machen, liegt an den mangelnden Möglichkeiten der Vermarktung ihres Schweinefleischs. Es kommt ihnen teurer, die Schweine in diesem Halb-Öko-Stall zu mästen. Und daher müssen sie das Fleisch auch teurer verkaufen. Obwohl sie mit keinen übermäßigen Aufschlägen in die Verhandlungen mit den Metzgern gegangen sind, verliefen diese enttäuschend. "Wenn ein Kilo Schweinefleisch im Laden nicht zehn, sondern elf Euro kostet, ist das vielen zu hoch - dabei müsste es den Verbrauchern das wert sein, wenn ein Tier dafür artgerecht gehalten wird", meint die Bäuerin.

Der allgemeine Zeitgeist in Ernährungsfragen würde diese Ansicht befeuern, fügt Stephan Kreppold an. "Die Zeit ist reif für diese Art der Tierhaltung", meint er. Und weil die Weichselbaumers daran fest glauben, haben sie sich für eine spezielle Form der Direktvermarktung entschieden. Sie wollen ihre geschlachteten Tiere nur als halbe oder ganze Schweine verkaufen.

Der Stall wird Platz für 500 Tiere bieten. Theoretisch zumindest. "Wir werden ihn aber niemals ganz voll machen", fügt Michael Weichselbaumer an. 300 Tiere reichen ihm jedoch. Ob es sich dann rechne, werde er sehen. Wenn es losgeht mit der Mast im neuen Stall, vermutlich im nächsten Frühjahr. "Die Tierschützer drücken jedenfalls die Daumen. Und Stadtrat Richard Fischer auch."