Nürnberg (dpa
Leoni um 40 Millionen Euro erleichtert

Der Autozulieferer mit Sitz in Nürnberg wurde mutmaßlich Opfer des sogenannten Chef-Betrugs

16.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:25 Uhr

Nürnberg (DK) Die Leoni AG ist Opfer von Betrügern geworden. Wie das Unternehmen gestern mitteilte, wurden auf elektronischem Weg rund 40 Millionen Euro an liquiden Mitteln auf Konten im Ausland transferiert. Die Täter nutzten dabei gefälschte Dokumente und Identitäten.

Der Vorstand des Nürnberger Konzerns hat Anzeige erstattet.

Ein Sprecher wollte sich auf Nachfrage wegen laufender Ermittlungen nicht zu Einzelheiten äußern. Aus dem Firmenumfeld hieß es jedoch, jemand habe sich gegenüber Mitarbeitern des Unternehmens als Leoni-Mitarbeiter ausgegeben und behauptet, "besondere Befugnisse zu haben". Auf diese Weise habe er "bestimmte Geschäftsvorgänge vorbereiten" lassen.

Das Vorgehen der Täter lässt auf den "Chef-Betrug" schließen, mit dem Unbekannte schon andere Unternehmen um große Beträge erleichtert hatten. Nach Erkenntnissen der Ermittler sind die Täter über die Firmen bestens im Bilde. Betroffen sind Großkonzerne ebenso wie Mittelständler. Besonders anfällig seien patriarchalisch-autoritär geführte Unternehmen.

Bei dieser Betrugsmasche meldet sich der vermeintliche Chef oder Finanzchef über eine gefälschte E-Mail-Adresse beim Buchhalter und drängt zur Eile: Für wichtige Transaktionen müsse dringend Geld überwiesen werden. Der Mitarbeiter wird zu strikter Geheimhaltung verpflichtet. Dies und vorbereitete, gefälschte Zahlungsaufträge setzen die Kontrollmechanismen außer Kraft: So landen große Geldsummen auf ausländischen Konten. Diese Methode tauchte vor etwa zwei Jahren zuerst in der Schweiz und im französischsprachigen Europa auf. Hinter dem Betrug soll ein weltweites Netzwerk der Organisierten Kriminalität stecken. Dem Bundeskriminalamt wurden seit 2013 rund 60 Betrugsfälle mit einem Schaden von insgesamt 106 Millionen Euro bekannt.

Im Fall Leoni sei nicht das Vorgehen der Betrüger das Besondere, "sondern die Höhe des Schadens", hieß es aus dem Unternehmen. In welchem Umfang der Schaden das prognostizierte Jahresergebnis beeinflusse, könne noch nicht abgeschätzt werden, heißt es weiter. Die Liquidität der Konzerns sei nicht wesentlich beeinträchtigt.

Leoni ist ein weltweit tätiger Anbieter von Drähten, optischen Fasern, Kabeln und Kabelsystemen sowie dazugehörigen Dienstleistungen für Anwendungen im Automobilbereich und weiteren Industrien. Die im MDAX börsennotierte Unternehmensgruppe beschäftigt mehr als 76 000 Mitarbeiter in 32 Ländern und erzielte 2015 einen Konzernumsatz von 4,5 Milliarden Euro. Hauptkunde ist die Automobilindustrie. Im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung gibt es mehrere Leoni-Standorte: In Neuburg arbeiten 64 Beschäftigte, im fränkischen Roth 852.