Geisenfeld
Gleiten auf Welle sieben

350 PS und wacklige Knie – Ein Selbstversuch an der Wasserski-Anlage am Lorenzi-Weiher

09.08.2012 | Stand 03.12.2020, 1:11 Uhr

 

Geisenfeld (GZ) Wer sich zwei Brettl unter die Haxen schnallt, der braucht gewöhnlich einen Hang und jede Menge Schnee zum Vergnügen. Am Lorenzi-Weiher bei Nötting genügt dafür neuerdings ein wenig Wasser unter den Kufen, wie GZ-Reporterin Maggie Zurek nach einem Selbstversuch bestätigen kann.

Das Ambiente passt perfekt. Die Sonne scheint, die Wasseroberfläche kräuselt sich petrolblau in einer leichten Brise. Sanfte Wellen brechen am Sandstrand. Wären da nicht die Maisfelder in Sichtweite und das Kieswerk als Kulisse im Hintergrund, man könnte sich durchaus am Meer wähnen. Für ein gewisses Urlaubsfeeling reicht es aber allemal. Ein paar Jugendliche fläzen in Klappstühlen und beobachten das Treiben auf dem überdachten Steg.

Dort machen sich die Teilnehmer des ersten Wasserski-Camps bereit. Im Rahmen der Jugend-Sommer-Akademie der Stadt Geisenfeld erlernen 20 Buben und Mädchen die Grundkenntnisse dieser Sportart. Ihre Lehrmeister sind dabei Michael Sprang und Michael Lang, Wasserski-Elite-Sportler, die hier eine wettkampftaugliche Anlage errichten. 760 Meter Lift warten nur darauf, installiert zu werden. Der Bau des Betriebsgebäudes soll im Herbst starten, sobald man eine Stromversorgung hat. Nächstes Frühjahr geht der reguläre Betrieb dann los.

Bis dahin ist ein offensichtlich starkes und schnelles Boot das „Zugpferd“. Auf die zögerliche Frage, was man denn so an Voraussetzungen mitbringen muss für einen Selbstversuch, heißt es lapidar: „Schwimmen können und keine Angst vorm Wasser haben.“ Auf eine größere Einweisung kann also verzichtet werden. Zuviel Theorie blockiert wohl unnötig.

Vor dem Eintauchen ins 24 Grad warme Nass ist eine grundlegende Wahl zu treffen: zwei Skier, Monoski oder Wakeboard? „Am schwersten geht es mit dem Einzelbrett, das liegt sehr tief und man muss schon einige Körperbeherrschung mitbringen“, erklärt ein durchtrainierter Besucher, der später gleich ganz elegant ein Beispiel seines Könnens liefern wird.

Unter den Jugendlichen ist jedoch das Wakeboard (bei dem man seitlich auf dem Brett steht) der Renner. Einer der Kursteilnehmer hält bereits den großen Triangel am Ende der Zugleine mit beiden Händen fest. Er scheint im Wasser zu sitzen. „Die Knie anwinkeln, Arme ausstrecken und los geht’s!“ – So einfach soll das sein? Der junge Mann jedenfalls dreht bald anscheinend locker seine Runde hinter dem Boot, das ihn mit 350 PS über den Baggersee zieht.

Erstaunlich leise ist das gasbetriebene Pro-Star 190 Modell unterwegs. Wie ein riesiges Ypsilon schäumen am Heck die Wellen, als der zweite Proband an diesem Tag an der Reihe ist. Der scheint ein besonderes Naturtalent zu sein. Gestern noch hat er sich, wie die anderen Anfänger, an der Stange am Boot festgehalten. Heute schwebt er lässig, teils einhändig, am Seil. „Wow, i hob an one-eighty gschafft, habt ihrs gseng“ fragt er nach seiner Rückkehr die Umstehenden. Ein fragender Blick, und er erläutert: „Das ist ein Sprung mit einer Drehung“.

Aha. So was geht mit Sicherheit nicht ohne Muskelkraft. Schon gar nicht, wenn man die 50 überschritten und die letzten Bauch-Beine-Po-Übungsstunden der vhs-Gruppe „Fitness im Alter“ geschwänzt hat.

Bewundernswert, was die Camp-Gruppe nach wenigen Stunden schon zuwege bringt. Ein paar Schaulustige aus Ingolstadt zollen dem Gesehenen Anerkennung, und auch Kulturreferentin Henriette Staudter, die kurz vorbei schaut, ist beeindruckt.

Die Selbstversuch-Probandin von der Zeitung denkt indes erstmals ans Kneifen. Wenn jetzt das Handy klingeln würde, man einen dringenden Termin vorschieben könnte. . . Aber da hat der „Mike“ schon die Hand ausgestreckt und die Skier hingestellt. „Neifalln tut ned weh“, tröstet ein Bub schon vorab. Außerdem ist körperliche „Auftriebsmasse“ ja durchaus vorhanden, und eine Sicherheitsweste bewahrt vorm Untergang. Nun denn, runter vom Steg. Eine kurze Drehung – und schwupp sind die Skier weg. Also doch nicht so einfach.

Geduldig erlaubt der Lehrer einen Neustart vom Heck des Bootes aus, schnallt die Füße fester in die Halterungen und erinnert: „Knie anwinkeln, Arme ausstrecken – denk daran!“ Das Boot legt an Geschwindigkeit zu, wie von magischer Hand wird man aus dem Wasser gezogen. Ein paar Meter weiter ist das Wackeln der Brettl im Griff, der Rücken richtet sich auf. Und ein ungeahnt tolles Gefühl von Freiheit erfasst die zuvor so ängstliche Seele. Bis das Boot zur ersten Wende ansetzt und die Knie nur mit Konzentration am Davondriften zu hindern sind. Doch das ist nur eine kurze Krise. Danach: Gleiten auf Welle sieben. „Noch ne Runde“ fragt der optimistische Kapitän nach einer ohne Zwischenfall vollendeten Tour kurz vor der Ankerstelle und wird von einem „Nö, heut lieber noch nicht“ enttäuscht. Aufhören soll man bekanntlich, wenn’s am schönsten ist. Ein „nächstes Mal“ wird es nach dieser Erfahrung aber auf jeden Fall geben.