Ingolstadt
Gift im Schrebergarten

Altlasten: In der Kleingartenanlage am Luitpoldpark muss der Boden ausgetauscht werden

30.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:26 Uhr

Zu Hacke und Spaten greifen sie jetzt nicht mehr so gerne wie früher: Joanella und Wilhelm Gooss haben an die 7000 Euro in ihren Schrebergarten in der Rankestraße gesteckt. Zumindest die Holzhäuschen dürfen während des Bodenaustausches stehen bleiben. Die Erde muss 60 Zentimeter tief abgegraben werden - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) In der Kleingartenanlage am Luitpoldpark wächst Ungemach. Denn in allen 50 Parzellen der Anlage in der Rankestraße muss der Boden ausgetauscht werden – bis zu einer Tiefe von 60 Zentimetern. Der Grund dafür: In der Erde wurde giftiges Benzpyren nachgewiesen.

Sie bauen Tomaten, Erdbeeren, Stangengurken und Kohlrabi an. „Alles ungespritzt“, betont Margaretha Schuch. Seit über 30 Jahren bewirtschaften sie und ihr Mann Adolf eine rund 300 Quadratmeter große Gartenparzelle in der Rankestraße, gleich neben dem Luitpoldpark. „Das ist unsere zweite Heimat.“ Auch gestern werkeln die beiden in ihrem grünen Idyll. Margaretha Schuch schneidet den Flieder zurück – auch, wenn ihr dabei zum Weinen zumute ist. Denn bald wird hier alles plattgemacht. Der Boden muss komplett abgetragen werden, wie die Pressestelle der Stadt Ingolstadt und der Eigentümer der Anlage, Immobilien Bayern, gestern auf DK-Anfrage bestätigen. Denn im Boden schlummert ein gefährlicher Schadstoff – Benzpyren. Der polycyclische aromatische Kohlenwasserstoff ist laut Günter Dehoust, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ökoinstitut Darmstadt, „sehr stark krebserregend“.

Nach Angaben des Geschäftsführers der Immobilien Bayern, Dieter Knauer, stammt der Schadstoff von Bauschutt, mit dem frühere Festungsgräben auf dem Gelände aufgeschüttet worden seien. Der Eigentümer ist in der Pflicht und wird die Altlastensanierung finanzieren. „Wir warten auf die entsprechende Stellungnahme des Umweltamtes.“ Nach dem Austausch soll der frühere Zustand wiederhergestellt werden.

„Wie wollen die das denn machen“, fragt Kleingärtner Schuch niedergeschlagen. Er ist sicher: „Es wird alles ruiniert.“ Er habe über 30 Jahre geschuftet, „damit alles so schön wird“. Angst vor dem Verzehr des angebauten Obstes und Gemüses haben er und seine Frau nicht. „Da müsste ich schon lange tot sein“, sagt Adolf Schuch. Er sei jetzt 75, da könne er die Sachen ruhig weiter essen.

Dennoch: Ein mulmiges Gefühl bleibt – auch bei den anderen Kleingärtnern, die wir gestern in der Anlage angetroffen haben. Bei einer Informationsveranstaltung von städtischem Umweltamt und Freistaat Bayern soll ihnen gesagt worden sein, sie sollten Obst und Gemüse vor dem Verzehr gut waschen. Außerdem sei darauf zu achten, dass Kinder keine Erde in den Mund nehmen. Kurt Hihn, der mit seiner Frau seit 15 Jahren einen Schrebergarten betreibt, isst seinen Salat trotzdem weiter.

Laut Günther Dehoust vom Ökoinstitut ist dies, sofern man bestimmte Dinge beachtet, auch möglich. Der Experte warnt vor Panikmache und empfiehlt neben gutem Waschen, den Boden mit Mulchmaterial abzudecken. Damit die Pflanzen nicht mit der Erde, in der der Schadstoff steckt, in Berührung kommen. Die direkte Aufnahme von Benzpyren über die Pflanze werde „kaum beobachtet“. Dennoch sollten Kinder bis zum Bodenaustausch das in dem Schrebergarten angebaute Obst und Gemüse nicht essen.