Hilpoltstein
Gewandet von Neuburg nach Hilpoltstein

Neuauflage der "Historischen Reise" im Vorfeld des 90. Burgfests Großer Empfang am Sonntagnachmittag am Burganger

13.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:57 Uhr

Foto: DK

Hilpoltstein (HK) Das Jahr 2006 wird in Hilpoltstein unvergessen bleiben. Beim Burgfest wurde zum 400. Jahrestag des Einzugs von Dorothea Maria ein eigenes Sommermärchen gefeiert. Die Route der Pfalzgräfin von Sulzbach nach Hilpoltstein zeichnete eine "Historische Reise" nach. Eine Neuauflage findet vom kommenden Freitag bis Sonntag statt. Bei der Ankunft um 16 Uhr am Burganger dürfen die Besucher gleich vier Hoheiten zujubeln.

Die Szenerie ist diesmal eine etwas andere. Nun schreiben wir nicht mehr das Jahr 1606, als die Gräfin in Hilpoltstein ihren Witwensitz auf der Burg bezog. Dieses Ereignis ist nun längst Geschichte. Der Neffe von Dorothea Maria, Johann Friedrich, hat sich zwischenzeitlich in der Stadt eine prächtige Residenz errichtet. 1624 heiratet er im fernen Darmstadt seine Sophie Agnes, eine hessische Landgrafentochter. Für die Hochzeitsreise findet sich aber erst ein Jahr später Zeit. Während dieser Reise will der Graf seiner Gattin die Stadt seiner Kindheit zeigen.

Ebenso 1625 kommt Dorothea Maria auf die Idee, das Grab ihres Mannes in Lauingen zu besuchen. Auf der Rückreise wird natürlich Station in Neuburg gemacht. Denn in der dortigen Pfalzgrafschaft hat die Familie ihre Wurzeln. Hier trifft die Pfalzgräfin auf ihren Neffen und dessen Angetraute. Zu dritt reisen sie weiter in die Regierungshauptstadt Hilpoltstein.

Zeitlich angesiedelt ist die Reise nach der Hochzeit von Johann Friedrich und Sophie Agnes, aber auch noch vor den familiären Zerwürfnissen, die noch kommen sollten. Und erst recht noch vor jenen Jahren, in denen der Dreißigjährige Krieg auch das Reisegebiet zu überschatten begann. 1625 war davon noch nichts in der Region zu spüren, weiß der Hilpoltsteiner Heimatkundler Manfred Seitz. Er wird sich als Johann Friedrich auf die neuerliche "Historische Reise" begeben, Liane Leupold-Schneider schlüpft in die Rolle der Ehegattin Sophie Agnes.

Da sich die Gruppe lange vor dem Burgfest von Neuburg nach Hilpoltstein aufmacht, wird als Dorothea Maria die amtierende Pfalzgräfin Pia Liebald dabei sein. Die Adelige bekommt aber "Konkurrenz": Denn es reist auch Edeltraud Stadler mit, die im Jubeljahr 2006 die Gräfin gab. Dem Rang des hoheitlichen Quartetts würde es eigentlich entsprechen, im Sechsspänner zu reisen, sagt Manfred Seitz schmunzelnd. Doch man gibt sich bescheiden und begnügt sich für die bevorstehende Reise mit zwei Fuhrwerken, die von je zwei Pferden gezogen werden.

Auf zwei weiteren sind der Kanzler (Wolfgang Nahr) und der Herold beziehungsweise Vorreiter oder Bote (Franz Hofbeck junior) unterwegs. Insgesamt sind es fast 60 Männer und Frauen, die sich von Neuburg nach Hilpoltstein aufmachen. Das sind deutlich mehr Menschen als 2006, als 37 Teilnehmer dabei waren.

Eigentlich war geplant, genau zehn Jahre später die Neuauflage der "Historischen Reise" in kleinerer Version zu starten, wie Ralf Gnatzy (Vorsitzender der Hilpoltsteiner Fanfarenbläser), Bernhard Luft (Chef der Burgfesttrommler) und Josef Walter (Leiter der Fachgruppe Führung und Kommunikation beim THW Hilpoltstein, das beim Burgfest die Landsknechte stellt) verraten. Sie vertreten zugleich die drei größten Gruppen, aus deren Reihen sich die Teilnehmer für die diesjährige Reise rekrutieren. Doch man besann sich eines Besseren, ließ sich mit den Vorbereitungen noch ein Jahr Zeit und stellte dafür das Projekt jetzt auf größere Füße. Das 90-jährige Bestehen des Burgfests scheint zudem sogar ein noch besserer Anlass.

Entsprechend groß war die Zahl der Rückmeldungen. Seit Januar steht die Mannschaft fest, die zu einem Großteil aus Männern besteht. Mit der Stärke von 60 Personen sei man auch an der Kapazitätsgrenze angelangt, wie das Initiatorentrio verrät. Denn der logistische Aufwand ist enorm. Allein hierfür hat man ein zehnköpfiges Team organisiert. So galt es, die entsprechenden Genehmigungen bei den Behörden einzuholen, da Wege gesperrt und abgesichert müssen. Der Tross zieht nämlich nicht nur über Feld- und Forstwege, sondern auch über Gemeindeverbindungsstraßen. Bundes-, Staats- und Kreisstraßen sind dagegen tabu. "Wir hoffen natürlich, dass die Bevölkerung begeistert ist, wenn sie unseren Trupp sieht", sagt Manfred Seitz. "Das Ganze ist ja eine riesige Werbung für Hilpoltstein."

Los geht es am Freitag, 16. Juni, um 8.30 Uhr im Neuburger Schlosshof mit der Rede des Pfalzgrafen und dem Reisesegen Dorothea Marias. Vor den Toren der Stadt werden dann die prächtigen Kostüme ins Servicefahrzeug gepackt und gegen ebenso historische Gewänder getauscht, in denen sich leichter reisen lässt. "Das haben sie früher auch so gemacht", beteuert Seitz.

Durchschnittliche fünf Stundenkilometer sind an Reisegeschwindigkeit eingeplant. Insgesamt heißt es 90 Kilometer zu bewältigen - passend zum Alter des Burgfestes. Das Nachtlager schlägt die Gruppe in Eichstätt auf. Vier Zelte dienen als Quartier. Genächtigt wird im Schlafsack auf Feldbett und Isomatte. Am nächsten Tag heißt es dann, die Mammutroute von 36 Kilometern nach Wengen auf sich zu nehmen. Zwischen 14 und 15 Uhr wird der Tross im Wasserschloss, heute Brauereisitz, von Titting erwartet, das einst zu Neuburg gehörte und in jüngerer Zeit bis zur Gebietsreform ein Teil des Landkreises Hilpoltstein war.

Am Sonntag findet sich die Gruppe gegen 13 Uhr in Heideck ein - der Freundschaft mit dem dortigen "Trommlerhaufen" geschuldet und weil man hier auch historisch einkehren kann. Außerdem war hier pfalzgräfliches Jagdgebiet. Ein Apotheker und ein Tierarzt reisen übrigens mit, die medizinische Versorgung ist also gewährleistet. Und damit die Männer und Frauen nicht Hunger und Durst leiden, führt die Route an einigen Biergärten und Gasthäusern vorbei. Abends ist jeweils Lagerfeuer angesagt.

Der Hilpoltsteiner Tross versteht sich aber keineswegs als geschlossene Gruppe, sondern sucht während der Reise den Kontakt zur Bevölkerung. Vor allem natürlich beim triumphalen Einzug am Sonntag in Hilpoltstein. Vom Bahnhof geht es durch die Stadt zum Burganger, das Eintreffen ist hier gegen 16 Uhr geplant. Die Reisenden hoffen, "dass uns die Stadt gebührend empfängt." Die Tafel ist dann für 400 Personen bereitet. Die Bewirtung übernimmt die Tischtennisabteilung des Turnvereins. Willkommen geheißen wird der Trupp unter anderem von Burgfestbürgermeister Josef Lerzer und der Stadtkapelle. Danach können die Gewänder rechtzeitig vor dem Burgfest der Kleiderkammer zurückgegeben werden. Die Burgfestfamilie selbst wird, so ist man sich sicher, durch diese Reise noch besser zusammengeschweißt.