Gestrandet auf dem Flughafen

18.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:06 Uhr

Auch auf dem Flughafen München ging in den vergangenen Tagen nahezu nichts mehr. - Foto: Zick

München (DK) Zwei russische Paare sitzen am späten Freitagabend draußen im Zentralbereich des Münchner Flughafens und trinken Kaffee aus Pappbechern. Es ist frisch, im Freien hat es keine zehn Grad mehr, die Koffer sind in einem Schließfach verwahrt. So war das eigentlich nicht geplant.

40 Flugzeuge wurden am Freitag noch nach München umgeleitet, bevor gegen 20 Uhr auch der dortige Franz-Josef-Strauß-Flughafen als letzter deutscher Airport schließen musste. Bis gestern Abend durfte wegen der über Europa schwebenden Aschewolke keine Maschine mehr starten. Neben den vier russischen Reisenden saßen in München mehrere hundert Gestrandete fest.
 
Essen am China-Imbiss
 
In Halle F wurde provisorisch ein Lager mit Feldbetten eingerichtet. Normalerweise checken hier die Passagiere der israelischen Fluglinien ein. Doch normal lief am Freitagabend dort nichts mehr. Tagsüber hatten nur etwa 400 der geplanten 1200 Starts durchgeführt werden können. Vor allem Flüge nach Großbritannien, Frankreich, Skandinavien und Polen waren von den Streichungen betroffen. Aber auch viele Touristen und Geschäftsleute aus Asien saßen nun in München fest. Sie versorgten sich bei den China-Imbissen im Flughafen noch mit gebratenen Nudeln oder mit den bereitstehenden Snacks und dem Wasser und versuchten, sich zu entspannen.

Die meisten Gestrandeten machten das Beste aus ihrer Situation. Sie bauten in den menschenleeren Wartehallen ihr kleines Privatkino auf, schauten auf ihren Laptops gemeinsam Filme oder plauderten über ihre eigentlichen Reiseziele. Andere zogen sich ins Bettenlager zurück und erledigten dort in abgelegenen Ecken noch ein paar Arbeiten. Wen die Reisestrapazen zu sehr mitgenommen hatten, der putze sich auf den Flughafentoiletten die Zähne, stöpselte vielleicht noch sein Handy in einer der frei zugänglichen Steckdosen an und legte sich schlafen, auf dem Rücken und mit einem Handtuch über dem Kopf .

Eine erholsame Nacht werden jedoch nur wenige gehabt haben. Immer wieder schlichen Leute durch die Gänge, Festsitzende auf der Suche nach einem Schlafplatz oder Sicherheitspatrouillen, die nach dem Rechten sehen wollten. Viele Reisende hatten deshalb schon davor versucht, vom Flughafen wegzukommen. Die Autovermietungen hatten einen Großteil ihres Kontingents am Flughafen zusammengezogen. Bis Mitternacht waren am Freitag die meisten Fahrzeuge vergeben. "So etwas habe ich noch nicht erlebt", sagte ein Mitarbeiter des Autovermieters Sixt, "wir hauen jetzt alles raus."

Auch Privatpersonen versuchten Profit aus der Notlage der Gestrandeten zu ziehen. Mit holprigem Englisch bot eine Frau ihre persönlichen Chauffeursdienste an. Für eine Fahrt mit ihrem Kleinbus nach Frankfurt etwa wollte sie 500 Euro haben, ungefähr Taxitarif. Bei den Preisen lag es für die meisten nahe, eher auf die Bahn umzusteigen.
 
Reger Betrieb bei der Bahn
 
Schon am Freitagvormittag irrten Flugzeugcrews über den Münchner Hauptbahnhof. Nachdem in München viele Flüge annulliert worden waren, mussten die Flugzeugkapitäne mit ihren Mannschafen auf das für sie ungewohnte Verkehrsmittel Zug umsteigen. Die Deutsche Bahn reagierte auf das erwartete Chaos und setzte alle verfügbaren Züge ein. Lufthansa-Kunden konnten mit ihren Flugtickets in jeden beliebigen ICE einsteigen. Am Freitagabend habe an seinem Stand sehr reger Betrieb geherrscht, berichtete ein Servicemitarbeiter der Bahn am Hauptbahnhof. In der Nacht auf Samstag beruhigte sich die Lage.

Für den Flugverkehr kann man das bisher noch nicht sagen. Die Fluglinien rechnen auch in den kommenden Tagen noch mit Verzögerungen. Bis wieder Normalbetrieb herrsche, so heißt es, bedürfe es einer längeren Anlaufphase.