Hagenhill (DK) Die ganze Nacht über hat die Feuerwehr Hagenhill den ehemaligen Pfarrhof im Blick behalten. Das Gebäude war am Donnerstagmorgen in Flammen aufgegangen und komplett ausgebrannt. Im Ort selbst ist man geschockt, das Mitgefühl ist ebenso groß wie die Hilfsbereitschaft.
An ein Bild müssen viele Hagenhiller momentan denken. Es findet sich an der Fassade des Feuerwehrhauses und zeigt den heiligen Florian, den Schutzpatron der Feuerwehrleute, wie er mit einem Eimer voll Wasser ein Haus löscht, aus dessen Dach die Flammen schlagen. Es ist eben jenes Haus, das am Donnerstagmorgen tatsächlich in Flammen stand: der alte Pfarrhof. Ein unglücklicher Zufall. Der Deisinger Künstler Günther Schlagbauer hat das Bild im Jahr 2002 gemalt. Das Haus habe er ausgewählt, weil es als ehemaliges Pfarrhaus eines der älteren Gebäude von Hagenhill war. "Und vom Stil her ist es ein schönes Haus, es hat mir gut gefallen." Dass das Bild einmal auf so fürchterliche Weise die Realität nachbilden würde, konnte ja niemand ahnen.
Das große Wohnhaus liegt verlassen da. Das Dach fehlt, ebenso wie die Fensterscheiben. Schwarze Balkenreste bohren sich in den verhangenen Himmel, verkohlte Dachziegel liegen im Garten. Ein rot-weißes Absperrband umfasst das Grundstück, flattert leicht im Wind. Seit Freitag, um sieben Uhr morgens, sind die letzten Einsatzkräfte der Feuerwehr abgezogen - nach über 24 Stunden in Hagenhill.
"Es hat alles perfekt geklappt! Auch landkreisübergreifend mit den Wehren aus Riedenburg und Neustadt."
Kreisbrandmeister Markus Feßlmeier
104 Kräfte von Feuerwehr und Rotem Kreuz waren am Tag zuvor schon am frühen Morgen im Einsatz, um die Flammen zu löschen und um zu helfen. Gegen Mittag sei das Dachgebälk vom Spezialtechniker Jörg Schmid aus Essing mit einem großen Kran abgetragen worden, erzählt Kreisbrandmeister Markus Feßlmeier. Der Kamin sei eingefallen, im Erdgeschoss habe es noch einmal gebrannt, was die Feuerwehrleute aber schnell in den Griff bekamen. Zwischen 15 und 15.30 Uhr sei das Feuer dann vollständig erloschen.
Bis Mitternacht war die Altmannsteiner Wehr noch mit am Einsatzort, bis 7 Uhr morgens überwachten die Feuerwehrleute aus Hagenhill das Haus. Sie waren im Vereinsheim der Stockschützen untergebracht, weiß Feßlmeier, und sahen alle viertel Stunde mal nach, ob alles in Ordnung ist. "Es hat noch mal kurz geraucht, aber mehr nicht." Er selbst habe gestern Morgen noch einmal am Haus vorbeigeschaut, so Feßlmeier. Stolz ist er auf die Einsatzkräfte: "Es hat alles perfekt geklappt! Auch landkreisübergreifend mit den Wehren aus Riedenburg und Neustadt", wie er betont. Ihnen allen gilt sein großer Dank. Ebenso wie den Damen des Ortes, die die Helfer ab dem Morgen verpflegt haben. "Das war super", freut er sich.
Das Haus hat seitdem niemand mehr betreten. "Von den Einsatzkräften habe ich keinen reingelassen", sagt Feßlmeier. Das Gebäude ist stark einsturzgefährdet. Die Decken sind sogenannte Fehlböden mit Holzkonstruktionen und Feßlmeier weiß, dass auch jetzt, mit dem ganzen Löschwasser, noch die Gefahr besteht, dass eine Decke durchbricht.
Dementsprechend schwierig ist es auch für die Brandermittler von der Kriminalpolizei Ingolstadt, Näheres zur Brandursache herauszufinden. Auch sie konnten sich bislang nur einen Einblick von der Drehleiter aus in das Haus hinein verschaffen. Ansonsten werden momentan Vernehmungen geführt, auch die Unterlagen zum Haus können Aufschluss über mögliche Brandursachen geben, wie Peter Grießer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord, erklärt. "Generell ist es schwer etwas zu sagen, wenn das Gebäude innen ausgebrannt ist." Die Ermittler würden nach dem Ausschlussverfahren vorgehen und gegebenenfalls das Gebäude von der Drehleiter aus noch einmal inspizieren und Fotos machen, wenn ein bestimmter Punkt genauer unter die Lupe genommen werden müsse.
Vom hektischen Treiben, das noch am Donnerstagmorgen das Bild beherrschte, ist nichts geblieben. Im Gegenteil: "Es herrscht eine seltsame Stimmung im Ort", sagt Hildegard Schwarzmeier. "Fast gespenstisch", fügt Irmgard Holzapfel hinzu. Die Frauen sind im Pfarrheim. Irmgard Holzapfel ist Pfarrsekretärin, Hildegard Schwarzmeier macht gerade zusammen mit Gertraud Hufsky sauber. Am Tag zuvor waren die Räume für die Versorgung der Feuerwehrleute genutzt worden.
Die Hilfsbereitschaft war von Anfang an groß im Ort, ebenso wie das Mitgefühl, das jeder empfindet, mit dem man an diesem Tag in Hagenhill spricht. Über eine WhatsApp-Gruppe verständigten sich die Hagenhiller Frauen. Eine kochte gleich einen Top dampfender Kartoffelsuppe mit Würstchen, eine andere fuhr zum Bäcker und kaufte Brezen. "Jeder hat daheim seine Kaffeemaschine eingeschaltet oder Teewasser aufgesetzt", erzählt Doris Groß. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Frauenbundes - und auch hier haben sich die Mitglieder schon Gedanken gemacht, wie sie das Ehepaar weiter unterstützen können. Am Sonntag organisieren sie nach der Kirche einen Kuchenverkauf. Die Frauen hoffen auf viele Abnehmer. Was nicht gekauft wird, geht an die Schreinerei Petz. Dort findet am Sonntag ein Frühschoppen statt - die Kuchen werden hier noch einmal zum Verkauf angeboten, um die Geschädigten zu unterstützen. Auch von ehemaligen Hagenhillern seien schon Anfragen gekommen, wie sie helfen können, erzählt Doris Groß. "Da erkennt man, dass wir ein kleines Dorf sind", sind sich die Frauen einig.
Das Ehepaar, das seit Jahrzehnten in dem ehemaligen Pfarrhaus gewohnt hat, ist erst einmal in einer Wohnung in Hagenhill untergekommen. Auf rund 400 000 Euro schätzt die Kriminalpolizei den Schaden an ihrem Haus vorläufig. Froh sind die Einsatzkräfte, dass die Brandschützer trotz starken Funkenflugs verhindern konnten, dass das Feuer auf Nachbargebäude übergreift. Direkt nebenan befindet sich das ehemalige Schulhaus von Hagenhill, in dem sich jetzt die Tagespflegeeinrichtung Pausenhof befindet.
"Es war auch für uns ein Schock", erzählt Maria Hierl, eine der Betreuerinnen. Am Morgen treffen normalerweise die Tagesgäste im Pausenhof ein. Am Donnerstagmorgen war der Bereich um die Tagespflegeeinrichtung aber schon großflächig abgeriegelt, als Maria Hierl eintraf. Sie hätten die Tagesgäste, die schon unterwegs waren, dann direkt in den Gasthof Wild umgeleitet. Andere wären in Rücksprache mit den Angehörigen an diesem Tag zu Hause geblieben, manche wieder früher nach Hause gebracht worden. Im Gasthof hätten sie dann erst einmal mit den Tagesgästen gefrühstückt, die am Anfang zum Teil etwas verstört gewesen seien - auch wegen der fremden Umgebung. Anschließend fuhren sie mit den verbliebenen drei Gästen nach Riedenburg in die Wohnung einer Betreuerin, die barrierefrei ist. Dort ging die Betreuung regulär weiter, erzählt Hierl. "Alle Drähte sind heiß gelaufen, aber die Angehörigen waren total verständnisvoll."
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