Gesetzliche Krankenkasse - Neue Leistungen statt Prämienausschüttung

28.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:20 Uhr

Viele gesetzliche Krankenkassen erweitern derzeit ihr Angebot in Sachen Extraleistungen. Befeuert wird die Aktion vom Milliardenüberschuss der Krankenkassen. Ein neues Gesetz macht die Leistungserweiterungen möglich.

Wenn sich einige Versicherte nun vollends verwirrt fühlen, ist das nur zu gut zu verstehen. Erst hieß es immer, die gesetzlichen Krankenkassen sind knapp bei Kasse. Deshalb wurde der Zusatzbeitrag 2010 eingeführt. Rund 75 Euro - manchmal auch mehr - mussten viele Versicherte im Jahr zusätzlich aus eigener Tasche für ihre Krankenversicherung bezahlen. Nun geht es den Kassen plötzlich blendend: Zehn Milliarden Euro Überschuss war Ende 2011 in den Kassen. Der Zusatzbeitrag wurde bei fast allen wieder abgeschafft. Die Deutsche BKK stellt ihn zum Oktober 2012 ein und ist damit eine der letzten Kassen, die ihn derzeit noch kassiert. Stattdessen dürfen sich die Versicherten nun über zusätzliche Leistungen freuen.

Leistungsoffensive nennt die AOK Plus ihr Programm, das ab Juli startet. Dann gibt es 40 Euro Zuschuss zur jährlichen Zahnreinigung. Zusätzlich trägt die Kasse auch Kosten für Eisen, Folsäure und Magnesium für Schwangere und bezahlt nichtverschreibungspflichtige Medikamente für zwölf bis 18 Jahre alte Mitglieder. Ab Oktober will sie möglicherweise auch Kosten für klassische Homöopathie übernehmen.

So sieht das Angebot derzeit auch bei einigen anderen Kassen aus: Die Techniker zahlt bereits seit Januar alternative Arzneimittel bis zu einem jährlichen Höchstsatz von 100 Euro, die KKH Allianz gewährt eine einmalige Beratung und Untersuchung beim Physiotherapeuten. Viele Kassen, wie die Securvita, die SBK, HEK oder die BKK vor Ort übernehmen Kosten für osteopathische Behandlungen.

Mehr Spielraum durch das Versorgungsstrukturgesetz

Möglich wird dies durch das Versorgungsstrukturgesetz, das seit 1. Januar in Kraft ist, sagt Gisela Rohmann von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Und das mit dem Milliardenüberschuss zusammenfällt. Die Kassen haben schon immer einen kleinen Spielraum gehabt, was sie ihren Versicherten an Extraleistungen gewähren konnten. Das Gesetz hat diesen nun erweitert. Zum Paragraph 11 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) wurde der Absatz 6 hinzugefügt, der es nun gestattet, Mehrleistungen im Bereich zahnärztliche Behandlung, künstliche Befruchtung, Heilmittel (z.B. Krankengymnastik), Hilfsmittel (z.B. Hörgeräte oder Rollatoren) zu gewähren und auch die teilweise Übernahme von Kosten nichtverschreibungspflichtiger Arzneimittel. Wer das Geld auf der hohen Kante hat, kann damit seinen Versicherten attraktive Leistungen anbieten.

Kassenwechsel wegen 40 Euro Zuschuß?

Ob es sich lohnt, wegen 40 Euro Zuschuss zur Zahnreinigung die Kasse zu wechseln, ist fraglich. Allerdings kann es im Einzelfall durchaus attraktiv sein. Wer beispielsweise homöopathischen Arzneimittel vertraut, der kann durch Extraleistungen in diesem Bereich durchaus profitieren, sagt Rohmann. Dem Verbraucher wird es jedoch nicht einfach gemacht, die Leistungen der Kassen zu vergleichen. Jeder muss für sich schauen, was für ihn wichtige Leistungen sind, rät Rohmann. Dann sollte man gezielt auf die Suche gehen, welche Kasse die Erwartungen am ehesten erfüllt.

Fazit: Kassenleistungen sind stetigem Wandel unterworfen. Was die Kasse letztes Jahr gestrichen hat, kann sie dieses Jahr vielleicht schon wieder bezahlen. Es lohnt sich, immer mal wieder das Leistungsspektrum zu überprüfen, so Rohmann.

Eine Extraleistung, von der alle Mitglieder profitieren würden, bieten jedoch nur die wenigsten Kassen an: Die Prämienausschüttung. Gerade mal eine handvoll Kassen zahlt ihren Mitgliedern Geld aus dem Überschusstopf zurück: Die BKK A.T.U. gehört mit 30 Euro Prämie im Jahr dazu, die HKK, die 60 Euro gewährt und die BKK Wirtschaft&Finanzen, die sogar 72 Euro im Jahr auszahlt.