Erlangen
Geschichte in Bewegung

Der Nachbau eines Oberstimmer Römerboots wurde zu Wasser gelassen - und macht im Juli Station in Manching und Ingolstadt

14.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:13 Uhr
  −Foto: Fotos: Pehl, Museum Manching (1)

Erlangen/Manching (DK) Der Nachbau eines 2000 Jahre alten Römerschiffs wurde jetzt getauft und unternahm seine Jungfernfahrt. Das Original war 1986 in Oberstimm entdeckt worden und steht heute im Museum Manching. Gebaut haben das Boot Studenten der Uni Erlangen.

"Geschichte in Bewegung setzen": Das ist nach den Worten von Prof. Joachim Hornegger, Präsident der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, eines der Ziele, die die Hochschule mit der FAN verfolgt. Die Abkürzung steht für Fridericiana Alexandrina Navis und ist der Name des römischen Patrouillenschiffs, das am vergangenen Wochenende offiziell im Erlanger Hafen vom Stapel lief. Die Uni hatte sich zusammen mit etlichen Sponsoren damit auch selber ein Geschenk zum 275-jährigen Bestehen gemacht.

Für Erlangens OB Florian Janik ist die FAN auch ein Stück Innovation, das sich nicht verstecken muss und darüber hinaus zeigt, dass man "mit Wissenschaft auch Spaß haben kann". Die zahlreichen Zuschauer, darunter auch Mitarbeiter des Kelten- und Römermuseums Manching, kamen auf jeden Fall auf ihre Kosten, nicht zuletzt Dank des von den Studenten gebrauten Jubiläumsbiers "Helles Köpfchen".

Bevor dieses bei hochsommerlichen Temperaturen am Samstag zu Kopf stieg, wurde das Boot getauft und zu Wasser gelassen. "Geschichte erlebbar machen" ist nach den Worten von Prof. Boris Dreyer ein Ziel des Nachbaus. Wie der Althistoriker an der Uni Erlangen-Nürnberg betont, geht es aber auch um einen Test zur Binnenschifffahrt in der Antike. Zwar nutzten die Römer bei und nach der Eroberung Germaniens mangels Alternativen die großen und kleinen Wasserstraßen. Doch es bleiben Fragen: Wie waren diese Boote beschaffen, die damals wohl zu tausenden hergestellt wurden? Wie schnell waren sie, was wurde transportiert und welche Strecken legten sie zurück? Auf all das soll der Nachbau Antworten geben.

Grundlage ist das Wrack Oberstimm II, wie es genannt wird, das in der Schiffshalle im Museum in der Mitte liegt. Die Rümpfe sind komplett erhalten, die Nut- und Federbauweise verzichtet fast komplett auf Eisennägel. Diese gut 15 Meter langen, 2,70 Meter breiten und 2,2 Tonnen schweren Boote wurden von 18 bis 20 Ruderern angetrieben und waren bis zu fünf Knoten schnell. Sie dienten unter anderem raschen Truppentransporten und Patroullien und wurden bis Ende des 2. Jahrhunderts eingesetzt.

Bei der Rekonstruktion konnten Dreyer und sein Team nicht nur auf die Erfahrungen beim Nachbau des anderen Oberstimmer Römerschiffs zurückgreifen - einer der Ruderer der Victoria war übrigens der heutige Manchinger Museumsleiter Tobias Esch. Das Projekt war eine Gemeinschaftsarbeit, an der Studenten etlicher Fakultäten, Freiwillige, Schüler, professionelle Schiffsbauer, Experten des Germanischen Zentralmuseums in Mainz und das Forstamt Mittelfranken beteiligt waren, das die nötigen Hölzer spendierte, darunter einen 16 Meter und einen acht Meter langen und ein Meter dicken Eichenstamm für den Kiel und das Kielschwein, das für Stabilität sorgt. Ausdrücklich bedankte sich Dreyer in der Dokumentation des Nachbaus bei Tobias Esch, Maria Meßner und Joachim Pechtl vom Kelten- und Römermuseum Manching, wo Vermessungen und 3D-Aufnahmen gemacht wurden.

Nachdem in Erlangen eine Art Werft errichtet worden war, ging es an den eigentlichen Zusammenbau, der gut ein Jahr in Anspruch nahm. Einige Fragen konnten bei genaueren Untersuchungen geklärt werden. So wurde Eichenholz für das Oberstimmer Wrack I im Jahr 89 geschlagen. Auch die Länge der Riemen und die Besegelung hat das Team eingehend erörtert, wie auch ein 1:10-Modell im Strömungskanal etliche Aufschlüsse gab. Weitere Themen waren die Ausschmückung des Bootes und der Einsatz einer rekonstruierten antiken Lenzpumpe.

Vor wenigen Wochen begannen die Praxistests für die FAN. Dabei galt es nicht nur zu klären, ob das Boot überhaupt dicht ist - neben 700 selbst gedrechselten Holznägeln müssen Hanfseile das Eindringen von Wasser verhindern. Für die meist unerfahrenen Ruderer galt es, das Gleichgewicht zu halten, die Schlagzahl des Steuermanns zu halten und zu manövrieren. Wie sich zeigte, ist es auch für eine ungeübte Mannschaft möglich, das Boot rasch zu bedienen. Die Römerboote dürfen außerdem ziemlich wendig gewesen sein. Der eigentliche Praxistest startet Mitte Juli, wenn die FAN von Erlangen nach Linz fährt. Stationen sind unter anderem Manching, Ingolstadt und Eining.

Bernhard Pehl