Geisenfeld
Gesamte Palette menschlicher Dramen

Ehrenamtliche der Nachbarschaftshilfe haben viel zu tun und setzen sich für alle ein

27.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:52 Uhr

Das menschliche Miteinander und die gegenseitige Hilfe stehen bei allen Aktivitäten der Geisenfelder Nachbarschaftshilfe im Mittelpunkt. Ob bei Feiern mit Senioren, im Café Atemlos oder auch bei Besuchen im Altenheim sind die Helfer unter anderem für die Senioren in der Gemeinde da. - Fotos: Schmelzer

Geisenfeld (GZ) Alle Hände voll zu tun haben die Ehrenamtlichen, die bei der Geisenfelder Nachbarschaftshilfe aktiv sind. "So gut es uns auch im Allgemeinen geht: Es gibt keine Notsituation, die es in Geisenfeld nicht gibt", meint die Leiterin Gabi Fink - und zieht Bilanz am Ende eines intensiven Jahres.

Momentan koordiniert Fink den uneigennützigen Einsatz von 47 engagierten Helfern, die meisten davon sind Frauen. Den Zusammenschluss gibt es seit November 2010. Es kommen zwar stets neue Helfer hinzu und andere scheiden aus. Ihre Zahl liegt aber stets bei etwa 50. Diese bilden das Herz der Nachbarschaftshilfe, deren Strippen bei der Pfarrei St. Emmeram zusammenlaufen, die aber auch eng mit der Caritas und der Stadt Pfaffenhofen zusammenarbeitet. Ihnen allen möchte Fink am Jahresende danken. Aber eigentlich schließt sie ganz Geisenfeld darin ein. "Es helfen wirklich alle, wenn sie gefragt werden. Bürger, Vereine, Gruppierungen, aber auch Firmen. Alle halten zusammen."

Dass alle an einem Strang ziehen, heißt aber noch lange nicht, dass es keine Notlagen gibt, in die Menschen dann und wann während ihres Lebens geraten können. "Es gibt nichts, was es bei uns nicht gibt", meint Fink, die als Pfarrsekretärin arbeitet, aber von Pfarrer Thomas Stummer von der Verwaltungsarbeit freigestellt wird, sobald es um zwischenmenschliche Einsätze geht. "Er ist eben für alles offen. Da haben wir halt auch ein Glück mit unserem Pfarrer", sagt sie. Dies sei auch bitter nötig. Denn: "In Geisenfeld gibt es die ganze Palette an menschlichen Dramen." Und so hilft Fink, wo sie kann - losgelöst von jeglicher Religion. "Für viele ist das kirchliche Umfeld auch ein Hindernis, zu uns zu kommen", meint Fink. Dabei sollte sich davon niemand abhalten lassen. "Wir helfen jedem."

Und so sind es vor allem die Hilfestellungen im Hintergrund, die wichtig sind. Die Ehrenamtlichen betreuen aktuell vier ältere Personen - vor allem bei Einkaufsfahrten. Eine psychisch Kranke ist auf ständige Unterstützung angewiesen. Ebenso eine Familie, die sich laut Fink in einer "überaus prekären Situation" befindet. Wichtig seien die Besuchsdienste im Seniorenheim, bei denen es sich nicht nur ums Spazierengehen dreht. "Vor allem geht es darum, den älteren Menschen etwas Zeit zu schenken." Auch Fahrdienste, etwa zum Arzt, beanspruchen die Zeit der Helfer. Wobei es Fink wichtig ist, anzufügen, dass sie "die Angehörigen unserer Klienten deswegen nicht aus der Verantwortung entlässt". Wenn sie merke, dass sich jemand abseilt, greift sie ein. "Da kann ich auch sehr deutlich werden."

Alles in allem sind es die sozial Schwachen jeglicher Couleur, denen sie Hilfe anbietet. Dabei geht es um tatkräftige Unterstützung, also ums Hinlangen, genauso wie um Geld- oder Sachspenden. Besonders wichtig ist in dem Zusammenhang die professionelle Beratung durch die Caritas-Fachleute. Gerade in Bereichen wie Altenpflege, Schuldnerberatung oder psychische Probleme wird sie in Anspruch genommen. "Aber auch, wenn jemand eine Kur nicht genehmigt bekommt, können die Berater durch ihre Kontakte zur Krankenkasse einiges bewirken", so Fink.

Immer wieder kommt es auch vor, dass bei ihr eine junge Mutter mit Kind klopft, die von ihrem Mann im Streit aus dem Haus gejagt worden ist. Gerade um Weihnachten passiere so etwas häufig. "Ich bin überrascht, dass wir heuer noch keinen derartigen Fall haben", ergänzt die Leiterin der Nachbarschaftshilfe. Kommt es zu solchen Vorfällen, dauert es in der Regel ein wenig, bis die offiziellen Mühlen zu mahlen beginnen und professionelle Hilfe naht. Genau dieses Vakuum füllt die Nachbarschaftshilfe, indem sie unbürokratisch und spontan unterstützt, Geld leiht, eine Bleibe sucht - und einfach für die Menschen da ist.

Zusätzlich hält die Nachbarschaftshilfe auch diverse feste Einrichtungen aufrecht. Etwa das Café Atemlos, das einmal im Monat für demente Menschen und deren Angehörige öffnet. Kaffee trinken, über die Krankheit reden, da sein. Professionell begleitet und dennoch sehr familiär - so ist das Konzept. "Es läuft nach wie vor gut. Jeder ist willkommen. Und Verarbeitung ist sehr, sehr wichtig", sagt Fink.

Ebenfalls ums Zwischenmenschliche geht es beim Handarbeitstreff, der 14-tägig zusammentritt. Auch hier wird viel geredet, aber nebenbei auch noch gestrickt. Und es werden Strickmuster ausgetauscht. Mehr muss manchmal nicht geboten sein, um Frauen zu begeistern. "Und wir sind ein sehr konstanter Kreis."

Die Lesegruppe Filou, die sich an leseschwache Erst- und Zweitklässler richtet, schwächelt hingegen etwas. "Da könnten gerne ein paar mehr kommen", meint Fink. Es sei schließlich keine starre Nachhilfe, sondern ein nettes Miteinander mit den Kindern, die in der Gruppe viel Unterstützung erhalten. Ebenfalls wieder mehr Zuspruch würde sich Fink für das "Zammakemma" des Asylkreises wünschen. Essen, spielen, reden, all das mit den Asylbewerbern zum gegenseitigen Kennenlernen steht hier auf dem Programm. Einmal pro Monat wird dieser Versuch unternommen. Die Asylhelfer sind immer da, die Flüchtlinge auch. "Aber von den ,normalen' Geisenfeldern kommen momentan kaum noch welche."

Als feste Einrichtungen laufen der Kinderpark (mittwochs von 8.30 bis 11.30 Uhr) und die beiden Mutter-Kind-Gruppen (montags von 9.30 bis 10.30 Uhr für unter Einjährige sowie donnerstags von 10 bis 11 Uhr für Babys ab vier Monaten) wie geschmiert. Und sehr viel Zuspruch erhalten die Helfer auch für die Fahrten zur Manchinger Tafel, die immer freitags mit dem Citybus unternommen werden. "Die Nachfrage ist meist größer als die Zahl der Plätze im Bus", berichtet Fink.

Und sie lässt es sich auch nicht nehmen, in dem Zusammenhang einige allgemeine Worte zur sozialen Lage in Geisenfeld zu verlieren. "Es gibt auch bei uns sehr viele Menschen, die am Existenzminimum leben", sagt sie. Gerade ältere Menschen würden häufig nur Grundsicherung beziehen und hätten gar Anspruch auf eine Sozialwohnung. "Nur gibt es bei uns keinen sozialen Wohnungsbau", fügt Fink an. Und so gehe oft das ganze Geld für eine teure Wohnung drauf - und stehe nicht für Lebensmittel zur Verfügung. "Hier Abhilfe zu schaffen, ist derzeit das wichtigste Thema überhaupt" sagt Fink - und nimmt damit die Lokalpolitiker in die Pflicht. "Diese Menschen essen lieber nichts, damit sie ihre Miete zahlen können - wenn sie das überhaupt noch schaffen."