Ingolstadt
"Genau zur richtigen Zeit"

Ingolstädter absolvierte Praktikum im Abgeordnetenbüro von SPD-Politikerin in Berlin

22.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:39 Uhr
Praktikum im Bundestag: Jonas Scheuerer konnte Rita Hagl-Kehl, der Abgeordneten und parlamentarischen Staatssekretärin für Verbraucherschutz, über die Schulter schauen. −Foto: privat

Ingolstadt (DK) Der aus Ingolstadt stammende Jonas Scheuerer (19) absolvierte vom 19. Februar bis zum 16. März ein Praktikum im Bundestagsbüro von Rita Hagl-Kehl, der SPD-Abgeordneten und neuen parlamentarischen Staatssekretärin für Verbraucherschutz.

Er studiert in Heidelberg Politikwissenschaften. Mit unserer Zeitung hat er sich darüber unterhalten, welche Erfahrungen er in Berlin sammeln konnte und wie er persönlich die Zeit in der politischen Schaltzentrale Deutschlands erlebt hat. Schließlich fiel sein Praktikum mit dem Mitglieder-Votum und den Koalitionsverhandlungen in eine besonders für die SPD aufregende Phase.

 

 

Herr Scheuerer, Sie haben für Ihr Praktikum ja eine sehr spannende Zeit erwischt.

Jonas Scheuerer: Ja, auf jeden Fall. Das habe ich auch so empfunden. Ich hatte sicherlich besondere Einblicke in die Geschehnisse in Berlin. Von den Koalitionsverhandlungen selbst habe ich allerdings recht wenig mitbekommen. Frau Hagl-Kehl hat natürlich mitverhandelt, aber zu diesen Terminen konnte ich sie leider nicht begleiten. Im Hinblick auf das Mitglieder-Votum habe ich in vielen Gesprächen mit anderen Praktikanten, Mitarbeitern und Abgeordneten aber natürlich einiges über die aktuelle Stimmungslage auf den SPD-Veranstaltungen erfahren.

 

Wie haben Sie die Ernennung ihrer "Chefin" Frau Hagl-Kehl zur parlamentarischen Staatssekretärin für Verbraucherschutz erlebt?

Scheuerer: Das habe ich natürlich hautnah mitbekommen. Ich durfte sogar dabei sein, als Katarina Barley als Ministerin der Justiz und für Verbraucherschutz ernannt und vereidigt wurde. Auch zur Amtsübergabe mit ihr und Heiko Maas ins Justizministerium konnte ich mitkommen.

 

Was hat sich nach der Ernennung verändert?

Scheuerer: Diese Zeit des Wechsels war für mich sehr spannend. Wenn ein solches Amt für eine Abgeordnete hinzukommt, verändert sich einiges. Ein gewisser Teil der Arbeit der Abgeordneten fällt weg, da die zusätzlichen Aufgaben von ihr alleine natürlich nicht bewältigt werden können. Diese Aufgaben werden an Mitarbeiter abgeben. Dadurch verändert sich der gesamte Ablauf im Abgeordnetenbüro. Hinzu kommt, dass die Abgeordnete ja nun einen zweiten Arbeitsplatz im Ministerium besitzt. Da muss natürlich die gesamte Aufgabenteilung und die Koordination der Arbeit zwischen dem Abgeordnetenbüro und dem Büro im Ministerium neu abgestimmt werden.

 

Welche Aufgaben haben Sie während des Praktikums für Frau Hagl-Kehl übernommen?

Scheuerer : Ich war zum Beispiel regelmäßig für die Post zuständig. Die Abgeordneten bekommen mehrmals täglich Post. Diese wird dann von den Mitarbeitern, in diesem Fall von mir, vorsortiert. Man filtert also das heraus, was für die Abgeordnete relevant sein könnte. Außerdem wurde ich immer wieder mit verschiedenen Recherchetätigkeiten beauftragt. Das war zum Beispiel der Fall, wenn es um Bürgeranliegen ging oder wenn verschiedene Veranstaltungen im Bundestag, wie Ausschüsse oder Arbeitsgruppensitzungen, vorbereitet werden mussten. Zusammen mit den anderen Mitarbeitern leistete ich auch die Vorarbeit für Veranstaltungen außerhalb des Bundestags, wie zum Beispiel die Teilnahme an Podiumsdiskussionen.

 

K onnten Sie die Abgeordnete auch zu Terminen begleiten?

Scheuerer: Ja, das kam zu meinen Aufgaben hinzu. Zum Beispiel waren das Sitzungen der Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft, der Frau Hagl-Kehl angehört. Auch auf einer Landesgruppensitzung und im Landwirtschaftsministerium war ich dabei. Dort hatte ich dann keine konkrete Aufgabe, sondern konnte ihr einfach über die Schulter schauen und einen Einblick erhalten, wie solche Termine ablaufen.

 

Wie fühlt man sich als 19-jähriger Student, wenn man mit den Politik-Größen unterwegs ist?

Scheuerer: Mir hat das sehr gut gefallen. Natürlich muss man sich zu Beginn auch erst ein bisschen daran gewöhnen, weil man auf den Veranstaltungen meistens der einzige Praktikant ist. Ich muss aber auch sagen, dass ich großes Glück hatte, dass Frau Hagl-Kehl mich zu so vielen Terminen mitgenommen hat. Ich finde das nicht selbstverständlich. Die Leute waren allerdings sehr freundlich zu mir, sodass ich mich immer wohlgefühlt habe. Auch wenn öfters mal die Frage kam, wer ich sei und was meine Aufgabe sei.

 

Wie war der direkte Kontakt mit den Politikern? Haben Sie beispielsweise die Bundeskanzlerin kennengelernt?

Scheuerer: Angela Merkel habe ich leider nicht getroffen. Durch den Arbeitsplatz bedingt läuft man auf dem Flur aber oft bekannten Gesichtern, meist anderen Abgeordneten, über den Weg. Das ist schon spannend. Das Büro von Frau Hagl-Kehl befindet sich in einem Gebäude Unter den Linden. Dort waren viele Abgeordnetenbüros unterschiedlicher Fraktionen untergebracht. Gesprochen habe ich hauptsächlich mit SPD-Abgeordneten. Sie waren alle sehr interessiert, freundlich und aufgeschlossen mir gegenüber.

 

Wie haben Sie die Arbeit der Abgeordneten mit Bürgern erlebt?

Scheuerer: Ich habe ehrlich gesagt im Vorfeld gedacht, dass nicht alle Bürger, die ein Anliegen an Frau Hagl-Kehl richten, eine Antwort erhalten, da dies aufgrund des hohen Aufwands einfach nicht möglich sei. Nun war ich ja selbst für das "Aussortieren" der Post zuständig. Bürgeranfragen habe ich jedenfalls auf keinen Fall aussortiert, sondern diese werden wirklich alle bearbeitet. Es wird immer geprüft, was dahintersteckt, und wie man dem Bürger am besten helfen kann. Manchmal ist auch einfach nur eine Stellungnahme gewünscht. Und auch wenn mehrmals Rückfragen der Bürger kommen, werden diese immer beantwortet. Das hat mich schon beeindruckt.

 

Wie fällt Ihr Fazit des Praktikums aus?

Scheuerer: Mein Fazit fällt sehr positiv aus. Ich hatte während des Praktikums viel Freude und habe einiges über die politischen Prozesse gelernt, die man in der Öffentlichkeit sonst überhaupt nicht mitbekommt. Die Einblicke in die Arbeit im Hintergrund waren sehr interessant für mich. Außerdem war ich natürlich genau zur richtigen Zeit in Berlin, als sich, gerade für die Abgeordnete, sehr viel verändert hat.

 

Hat das Praktikum Ihre beruflichen Pläne beeinflusst? Würde eine Laufbahn in der Politik für Sie in Frage kommen?

Scheuerer: Eine Laufbahn als Politiker wäre wohl eher nichts für mich, das wusste ich allerdings auch schon vor dem Studium und dem Praktikum. Ich bin bislang auch in keiner Partei engagiert. Eine Mitarbeit in einem Abgeordnetenbüro ist aber sicherlich eine sehr interessante Tätigkeit. Ich habe mich durch das Praktikum zwar noch nicht konkret entschieden, was ich nach meinem Studium beruflich machen möchte, abgeschreckt wurde ich von der Politik allerdings auf keinen Fall. Ganz im Gegenteil, ich hatte viel Spaß. Ich bin aber ja auch erst im dritten Semester und habe noch genug Zeit für die Entscheidung.

 

Das Gespräch führte Marius Ritter.