Geheucheltes Entsetzen

Kommentar

07.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:11 Uhr

Jetzt schwingt sich also auch Generalinspekteur Volker Wieker zum brutalen Aufklärer auf, das Entsetzen über die in Illkirch und Donaueschingen gefundenen Symbole der Wehrmacht ist groß. Und man muss unterstellen: zum Teil geheuchelt.

Oder haben Wieker und die militärische Führung wirklich keinen Schimmer, was in den Kasernen der Bundeswehr mancherorts in Vitrinen zu sehen ist? Haben sie das auf ihren Inspektionen nicht mitbekommen? Dann hätte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen recht mit ihrer Brachialkritik, und man fragt sich, wann sie die passenden Entlassungsurkunden unterschreibt.

Das Problem ist vielschichtig, und es ist nicht damit getan, ein paar Wehrmachtshelme wegzuräumen und Wandbilder zu übermalen. Gerade nach dem Wegfall der Wehrpflicht, die ein Instrument zur demokratischen Selbstregulierung der Bundeswehr war, ist zu fragen, wie brauner Ungeist ausgesperrt werden kann, der von Menschen mit falschen Idealen und einem problematischen Ehrbegriff in die Bundeswehr getragen wird.

Anscheinend wollte man im Ministerium, wo man davon fantasierte, aus einer Armee einen der attraktivsten Arbeitgeber der Republik zu machen, keine unappetitlichen Details kennen. Die geplante Überarbeitung der Wehrdisziplinarordnung ist mehr denn je zu begrüßen. Ebenso gehören Ausbildung und politische Bildung auf den Prüfstand. Das läge auch im Interesse aller Beschäftigten der Bundeswehr, die über die Vorfälle ebenso entsetzt sind wie die Öffentlichkeit.