Ingolstadt
Gebrüll auf der Gedenkstätte

Befürworter und Gegner einer Versetzung der Spreti-Löwen tauschen ihre Argumente aus – aber näher kommen sie sich nicht

26.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:09 Uhr

Leidenschaftliche Debatte: Für den Bildhauer Ludwig Hauser und Gerda Büttner (rechts) sind die Löwen ein unabdingbarer Teil der Gedenkstätte. Alois Finkenzeller (links) und Hans Fegert, der Bilder früherer Denkmäler zeigt, möchten sie an die Harderstraße versetzen. Graf Spreti (schräg hinter Finkenzeller) geht es vorrangig um den Erhalt. - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Gut 50 Menschen haben sich gestern an der Mahn- und Gedenkstätte im Luitpoldpark eingefunden, um sich über Geschichte und Verbleib der beiden Spreti-Löwen zu informieren. Dabei kam es zu heftigen Wortgefechten. Die Künstlerin Gerda Büttner will jetzt eine Führung zur Gedenkstätte anbieten.

Wohin mit den Löwen? Diese Frage beschäftigt nicht wenige Ingolstädter, nachdem der Heimatforscher Hans Fegert vorgeschlagen hatte, die beiden Steinfiguren von der Mahn- und Gedenkstätte im Luitpoldpark wieder an ihren angestammten Platz zu versetzen. Bis zum Abriss und der Sprengung des Kavaliers Spreti Anfang der 60er Jahre standen sie an der Harderstraße. Doch Fegerts Vorschlag stößt auch auf heftigen Widerstand.

Fegert und Alois Finkenzeller von der Aktion Innenstadt hatten gestern im Luitpoldpark zur Erläuterung und Diskussion geladen. Nach der umfangreichen Berichterstattung und den Leserbriefen im DK wurden jedoch kaum neue Argumente vorgetragen. Nachdem Finkenzeller sich klar für eine Rückkehr zum früheren Standort ausgesprochen hatte, erläuterte Fegert seine Überlegungen. „Viele Leute kennen die Löwen überhaupt nicht“, sagte er, sie seien im Park versteckt. In Ingolstadt gebe es einen Mangel an Denkmälern, weshalb man dem Beispiel anderer Städte folgen und die beiden Skulpturen präsentieren sollte. Man müsse auch an künftige Generationen denken, so Fegert: „In 100 Jahren glaubt jeder, dass die schon immer da gestanden haben.“ Außerdem müssten die Löwen aus Korallenriffschuttkalk, die übrigens nicht auf der Denkmalliste stünden, konserviert werden. Die Gedenkstätte selbst bezeichnete er als „Fehlplanung“, die Löwen gehören seiner Meinung nach nicht dazu.

Michael Graf von Spreti, Nachfahre Leo von Klenzes und des Namensgebers des Kavaliers, geht es vorrangig um den Erhalt der Löwen: „Wo die stehen, ist mir völlig gleichgültig.“

Gegen Fegerts Vorschlag hat sich Protest formiert, eine Reihe von Bürgern hat sich in einem offenen Brief an den OB gewandt, die Stätte komplett zu erhalten. Die Künstlerin und Ex-Stadträtin Gerda Büttner erinnerte daran, dass die Gestaltung der Mahn- und Gedenkstätte vor 15 Jahren unter größter öffentlicher Beteiligung in einem dreijährigen Prozess erarbeitet wurde und bot eine Führung an. Die Löwen seien Bestandteil des ganzen Ensembles und daher nicht herauszulösen. Auch die Platzierung auf Sockeln erscheine ihr und den anderen Unterzeichnern des Briefs nicht angemessen.

Sehr emotional reagierte der Bildhauer und Ingolstädter Kunstpreisträger Ludwig Hauser, der seinerzeit Mitglied der Jury war. „Es ist doch kein Zufall, dass es so aussieht, als seien die Löwen am Rand abgestellt worden“, versuchte er, das Konzept der Mahn- und Gedenkstätte als zentraler Ort des Gedenkens an die Toten der Weltkriege und die Opfer des Nationalsozialismus zu erläutern. Deren Inhalte müssten immer wieder aufs Neue vermittelt werden. „Diese Veranstaltung ist eine Bestätigung dafür, dass die Gedenkstätte funktioniert“, sagte er im Hinblick auf die intensiven Debatten.

Bereits vor der Veranstaltung hatte der Historiker Theodor Straub zu einem längeren historischen Exkurs angesetzt und sich später öfters eingeschaltet. Entschieden wandte er sich gegen Krieg, Gewalt und jede Art von Heldenverehrung. „Nie wieder Krieg, nie wieder Auschwitz“, rief er aus.

Andere Teilnehmer reagierten gelassener. „Die beiden Löwen schreddern, dann ist das Problem gelöst“, sagte ein Zuhörer. Und ein anderer ergänzte: „Gut, dass wir keine wichtigeren Probleme haben.“