Pfaffenhofen
Ganz entspannt in den Süden

Befürchtetes Verkehrschaos zum Ferienbeginn bleibt im Landkreis aus - ADAC: Autofahrer haben gelernt

28.07.2019 | Stand 25.10.2023, 10:24 Uhr
Reisetag ist Obsttag: Die Familie Sohrab ist mit dem E-Auto unterwegs nach Österreich. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Ferienbeginn für 1,3 Millionen bayerische und 1,1 Millionen baden-württembergische Schüler - doch das große Chaos mit kilometerlangen Staus, das Polizei und ADAC für den Samstag erwartet hatten, ist ausgeblieben.

Bis auf einen Unfall am Kindinger Berg Richtung München, wo wegen eines Unfalls die A9 von 14.15 Uhr bis 15.30 Uhr gesperrt werden musste, ist es laut Polizei ruhig geblieben.

Traditionell rauschen an diesem Tag fast 120.000 Autos über die A9 durch den Landkreis Pfaffenhofen. Wer aber am frühen Samstagnachmittag auf der Brücke nach Giegenhausen den Verkehr auf den vier Spuren Richtung Süden beobachtete, hätte glauben können, dass Landrat Martin Wolf (CSU) diesmal mit einem Aufruf zum freiwilligen autofreien Samstag über Pfaffenhofens Grenzen hinweg mehr Erfolg gehabt hätte. "Offenbar haben die jahrelangen Appelle genutzt", glaubt Bernd Emmrich, der mit seinem Motorrad als Stauberater für den ADAC auf Bayerns Autobahnen unterwegs war. "Die bayerischen Autofahrer sind lernfähig geworden. " Sie brechen nicht mehr gleich am ersten Ferienwochenende in den Urlaub auf. "Dann nämlich", sagt Stefan Dorner, Pressesprecher des ADAC-Südbayern, "sind alle 16 Bundesländer auf Achse und aus den Niederlanden rollt die zweite Urlauberwelle Richtung Süden. Der Ferienstart hat sich für viele Bayern in die zweiten Augusthälfte verlagert. " Lob auch von der Ingolstädter Verkehrspolizei: "Die Verkehrsteilnehmer waren sehr besonnen", sagt Hauptkommissar Siegfried Bauer.

Für einen Ansturm gewappnet war auch Thomas Kreutzmann, Geschäftsführer des Schweitenkirchener Euro-Rastparks. Bis zu 1000 Gäste bewirtet er in Spitzenzeiten im Autohof. Der Renner seien "Schnitzel in allen Varianten gefolgt vom beliebten Grillteller. Aber auch leichte Küche ist bei den jetzigen Temperaturen gefragt. " Mit Familie Sohrab aus Köln macht er an diesem Samstag aber keinen Umsatz. Vater Salimi hat das Elektroauto an die Ladesäule angeschlossen und die Rückenlehne für ein Nickerchen nach hinten geschoben. Im Fond machen sich seine drei Kinder über eine große Schüssel mit Kirschen, Äpfeln, Bananen und Gurken her: Reisetag ist Obst- und Gemüsetag. Die Sohrabs sind unterwegs zu einem Familienhotel in Österreich. 900 Kilometer mit einem E-Auto? "Kein Problem", sagt Salimi Sohrab. "Bei meiner Fahrweise mit Tempo 130 schaffen wir 300 Kilometer, und dann brauchen die Kinder ohnehin eine Pause. " Nach einer Dreiviertelstunde Ladezeit geht es weiter.

Dass Familien auf der Fahrt zum Ziel ohne Pause durchbrettern, kommt eher selten vor. Jan Seiwald aus der holländischen Käsestadt Alkmaar ist mit seiner Familie um fünf Uhr in der Früh losgefahren. Zwei, drei Staus hätte es auf der A3 gegeben. Vor dem Etappenziel bei Salzburg, wo er vier Tage bleiben will, tankt er jetzt noch einmal in Schweitenkirchen voll, bevor es dann endgültig zum Urlaubsziel in Kroatien geht.

Manche seiner Landsleute fahren allerdings an der Tankstelle vorbei und nach Pfaffenhofen hinein, um dort zu übernachten. "Unsere vier Familienzimmer sind in den Sommermonaten kontinuierlich ausgebucht", freut sich Maximilian Niederreiter vom Hotel Alea, das sich eher als Tagungsadresse empfiehlt. Dass im Sommer diese Zimmer besser belegt sind, als zur Zeit des Oktoberfestes, "das hatten wir in unserem Business-Plan nicht vorgesehen". Besonders Durchreisende aus Belgien und den Niederlanden schätzen den Zwischenstopp in Pfaffenhofen auf halbem Weg nach Italien. Ausgebucht ist an diesem Wochenende auch das Hotel Müllerbräu.

Familie Belisch aus Bremen ist darauf nicht angewiesen - sie zieht ihr Wohn- und Schlafzimmer hinter sich her. Vater Alexander hat sich zum ersten Mal einen Campinganhänger geliehen, mit dem er jetzt an der Zapfsäule in Schweitenkirchen vorgefahren ist. Mit seiner Frau Julia und den Töchtern Viktoria und Sophia will er drei Wochen Urlaub an der Adria bei Venedig machen. "Die Anreise ist ganz stressfrei", sagt Alexander Benisch ziemlich entspannt. Vergangene Nacht haben sie in Fulda übernachtet, an diesem Samstag geht es für einen Zwischenstopp nur bis Österreich. Wo genau? "Mal schauen", sagt der Vater, "wir sind ja flexibel. " Genervt hat ihn lediglich der obligatorische Stau auf der A7 bei Hannover, wo sich wegen einer Dauerbaustelle die Fahrbahn auf zwei Spuren verengt.

600 Baustellen gibt es derzeit auf deutschen Autobahnen, 80 davon allein in Bayern, weiß Melanie Mikulla, Unternehmenssprecherin des ADAC. An manchem Stau seien die Autofahrer selbst schuld, weil sie das Reißverschluss-Prinzip nicht einhalten. Anstatt bis zur Spitze vorzufahren, wo die zwei Fahrbahnen in eine übergehen, quetschten sie sich vorher in die rechte Kolonne, "wohl auch aus Angst, dass sie keiner reinlässt", glaubt Mikulla. Ein Fehler, der unweigerlich zum Stau führt. Sie rät zudem: "Und dann nicht von der Autobahn runterfahren, auch wenn's das Navi empfiehlt. " Denn die vorgeschlagene Ausweichroute sei fast immer langsamer.

In Pfaffenhofen haben viele Familien der knapp 4000 Schüler den Urlaub noch vor sich. Ihnen rät ADAC-Mann Stefan Dorner: "Die beste Zeit für den Start ist frühmorgens. Um vier Uhr aufstehen, in den Tag hineinfahren und unterwegs frühstücken. " Und für Rückfahrt empfiehlt er: abends starten.

Albert Herchenbach