Zell
Gandalf und die Schneepiraten

Pferdehof-Café "Hand und Huf" bei Regens Wagner Zell beendet erfolgreich sein erstes Jahr

13.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr

Traut sich was: Kiara streichelt beim Pferdehof-Café bei Regens Wagner Zell den Kopf des geduldigen Pferdes Gandalf. - Foto: Leykamm

Zell (lkm) Schade eigentlich, dass es für heuer schon vorbei ist: Ein letztes Mal hat in diesem Jahr das Pferdehof-Café "Hand und Huf" bei Regens Wagner Zell Tür und Hallentor geöffnet. Doch 2018 gibt es natürlich ein Wiedersehen, denn das Projekt hat bei seiner diesjährigen Premiere gleich in die Erfolgsspur gefunden.

Fünfmal fanden sich im Café Menschen mit und ohne Handicap ein, um gemeinsam Kuchen zu genießen oder Pferderücken zu erklimmen. Die Buben und Mädchen sind hier in guten Händen. Zum Beispiel in denen von Tierpflegerin Ute Krach, die Runde um Runde mit den jungen Reitern und den hauseigenen Therapiepferden dreht. Die haben sich sogar ein bisschen in Schale geworfen. Als Weihnachtselfe mit Mütze ist die 15-jährige irische Tinkerá †stute Cookie unterwegs. Das deutsche Reitpony namens Sissi verwandelt sich in Rentier Rudolf.

Die beiden sind gleich alt, doch die Größenunterschiede beträchtlich. Deswegen überlegt der nicht mal halb so junge Carl erst einmal: "Vielleicht soll ich doch das kleine Pferd nehmen, dann falle ich nicht so hoch . . ." So erzählt es seine in Zell wohnende Oma Renate Schwing, die mit ihren Enkeln zu den Stammgästen des Pferdehof-Cafés zählt. Derweil ist der junge Mann schon in luftigen Höhen zu bewundern - und das auch noch freihändig.

Seine Schwester Marlene setzt noch eins drauf und imitiert Schwimmübungen auf dem kleinen Pony, das gemütlich seine Bahn zieht. Neben den weihnachtlichen Rössern ist auch noch ein deutsches Reitpony mit von der Partie, Gandalf. Er hat es der kleinen Kiara so richtig angetan - die Eineinhalbjährige aus Roth scheut sich nicht, den Kopf des Großen zu streicheln.

Doch bei allem Kuscheln darf der Respekt vor den Mitgeschöpfen nicht verloren gehen. "Nicht hinter dem Pferd gehen", mahnt Krach. Warum das beherzigt werden sollte, weiß Reittherapeutin Barbara Bauer: Das Gesichtsfeld der Vierhufer ist zwar enorm groß - nur der "Rückspiegel" fehlt eben, so dass sie erschrecken können, wenn sich von hinten jemand nähert. Bauer als Leiterin der Reittherapie der Einrichtung ist begeistert, wie das Konzept dieses etwas anderen Cafés aufgeht.

Ein erster Schritt war 2015 der Bau der Halle, die eine alte Scheune als Manege ablöste. In diesem Jahr nun ließ man den Inklusionsgedanken in dem Neubau Wirklichkeit werden. "Hand und Huf", Jung und Alt, behindert und nicht behindert - sie alle sollten an bestimmten Reittagen zusammenfinden. Ein solches Angebot darüber hinaus anzubieten ist schwierig, "unsere Therapien sind alle ausgelastet", erklärt Bauer. Alle Pferde sind im Einsatz, neben den genannten auch noch ein Shetlandpony und eine holländische Tinkerstute. Und dann gibt noch "Rentner Jonas", der 27-jährige Norweger Wallach begnügt sich damit, gekuschelt und geputzt zu werden.

Halb so alt ist Esel "Toni", der von den Gästen am Reittag gemeinsam mit seinem hier noch neuen und zehnjährigen Artgenossen "Rocky" spazieren geführt wird. Entgegen seinem Namen ein recht ruhiges Tier. Während die beiden durchs Außengelände schlendern, erklärt Bauer, warum Reittherapie so hilfreich ist. "Die Tiere reagieren ohne Vorbehalte auf die Menschen." Was Inklusion angehe, seien die Vierhufer ihnen schon weit voraus.

Gerade die Asinotherapie mit den Eseln lässt Menschen mit Handicap sich auch mal als "Chef" fühlen, ergänzt Marie-Christine Thanner, Fachkraft für tiergestützte Pädagogik. Wenn sie zum Beispiel die Tiere durch einen Parcours leiten, in dem sie vorher Leckerli versteckt haben. Auch am Ende der Ausführrunde gibt es eine Karotte für "Rocky" und "Toni". Die fünfjährige Eva aus Hilpoltstein ist als erstes im Ziel und versorgt ihn. Auch aus der Burgstadt kommt Julia, die sich um dessen Kollegen kümmert. Genauso wie Leni aus Unterrödel - erst als sie ihren Handschuh auszieht, schnappt sich das Tier das Gemüse aus ihrer Hand.

Nun heißt es für FSJ-lerin Stefanie Andreä den Tieren eine Pause gönnen. Sie selbst macht gleich weiter und dreht mit Pferden und Reitern Runden durch die Halle. Auch Fabi hilft, wo er kann. Er ist in der Wohngruppe Reiterhof direkt neben dem alten Reithallendomizil zu Hause. Um Verwechslungen vorzubeugen, nennt sich der neue Standort deswegen auch Pferdehof.

Die Schwestern Larissa (8) und Johanna (6) aus Eysölden geben sich nochmal die Zügel in die Hand, bevor die inklusive Voltigiergruppe als "Schneepiraten" durch die Manege wirbelt. Auf dem Rücken der irischen Tinkerstute "Antje" im Alter von acht Jahren vollführen sie Kunststücke, allerdings ohne die Mitwirkenden aus Zell, die sich über ihr Heimfahrtswochenende freuen. Einmal pro Woche wird gemeinsam trainiert. Ein weiterer wichtiger Schritt der Menschen hin zum Ziel Inklusion, die für die Tiere seit jeher selbstverständlich ist.