Berlin
Gabriel in "großer Sorge" um Kaiser's Tengelmann

Wirtschaftsminister verteidigt seine Übernahmeerlaubnis und wirft Richtern "falsche Tatsachenbehauptungen" vor

13.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:33 Uhr

Berlin (AFP) Nach dem vorläufigen Stopp seiner Ministererlaubnis für eine Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka fürchtet Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nun die Zerschlagung der verlustreichen Supermarktkette. Deshalb will er in der Sache auch nicht klein beigeben.

Gabriel unterbrach für die Pressekonferenz in Berlin gestern seinen Urlaub. Mit dem Eilentscheid des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf vom Dienstag seien "in der Summe 5000 bis 8000 Arbeitsplätze" gefährdet, weil nun die Zerschlagung drohe, warnte er. Insgesamt arbeiten bei Kaiser's Tengelmann rund 16 000 Menschen. Er habe "große Sorge", dass der Eilentscheid des OLG nun zu einer "Hängepartie" für die Beschäftigten führe, erklärte der Minister. "Genau das wollte ich vermeiden."

Das OLG hatte am Dienstag angekündigt, es wolle "in den kommenden Monaten" abschließend urteilen. Gabriel kündigte an, sein Ministerium werde vor den Bundesgerichtshof (BGH) ziehen, sollte das OLG in der Hauptsache so entscheiden wie im Eilverfahren. Sollte sich der Beginn des Hauptsacheverfahrens sehr lange hinziehen, könne das Ministerium auch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) einreichen und dann die Entscheidung des OLG anfechten, sagte Gabriel. Dies müsse nun geprüft werden.

Gabriel wies den von den Düsseldorfer Richtern erhobenen Vorwurf der Befangenheit im Übernahmeverfahren scharf zurück und warf seinerseits dem Gericht in diesem Punkt "falsche Tatsachenbehauptungen" vor. Es habe nachweisbar falsche Angaben zu Terminen und zur Zusammensetzung von Gesprächsrunden gemacht.

Bei der Beurteilung der Kriterien für eine Ministererlaubnis sprach Gabriel den Richtern gar die Zuständigkeit ab. Eine Entscheidung über die Zukunft kollektiver Arbeitnehmerrechte sei "nicht Aufgabe eines Gerichts" in einem Kartellrechtsverfahren, sondern des demokratisch legitimierten Gesetzgebers.

Der Minister hatte die Ausnahmegenehmigung für die Übernahme mit der Sicherung von Jobs und Arbeitnehmerrechten begründet. Beides wurá †de von den Richtern des OLG angezweifelt. Gabriel bekräftigte, die Sozialpartnerschaft, Tarifverträge, tariflich abgesicherte Löhne sowie Mitbestimmungsrechte seien "sehr wohl" im Gemeinwohlinteresse in einer sozialen Marktwirtschaft.

Edeka-Konkurrent Rewe erneuerte unterdessen sein Übernahmeangebot für Kaiser's Tengelmann ein weiteres Mal. Der Konzern stehe weiterhin bereit, die Kette als Ganzes oder auch die Märkte einzelner Regionen zu übernehmen, sagte Konzernchef Alain Caparros der "Bild"-Zeitung. Es würden alle 16 000 Arbeitsplätze in den rund 450 Filialen von Kaiser's Tengelmann erhalten.

Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub hatte das Angebot von Rewe wiederholt als "unseriös" bezeichnet. Gabriel betonte gestern, er sei nicht Eigentümer der Supermarktkette und damit nicht zuständig. Das Kartellamt habe aber bereits darauf hingewiesen, dass Rewe die gleichen Schwierigkeiten bei einer Übernahme wie Edeka hätte. Daher stelle das Angebot keine Alternative dar.

Rewe wies diese und andere Darstellungen Gabriels in einer detaillierten Stellungnahme zurück. Das Bundeskartellamt habe eine mögliche Tengelmann-Übernahme durch Rewe nie geprüft, betonte das Unternehmen. Es sei "fraglich", auf welche Fakten das Wirtschaftsministerium sich hier stütze.