Ingolstadt
Furioses Klangerlebnis

Klarinettist Martin Spangenberg und das Georgische Kammerorchester im Festsaal Ingolstadt

20.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:31 Uhr

Im Originalklang: Martin Spangenberg interpretierte Mozarts Klarinettenkonzert KV 622 bei seinem Konzert mit dem Georgischen Kammerorchester auf einer Bassettklarinette - Foto: Schaffer

Ingolstadt (DK) „Ach, wenn wir doch nur Clarinetti hätten“, jammerte Wolfgang Amadeus Mozart 1778. Er hatte allen Grund traurig zu sein, denn zu seinen Lebzeiten war die Klarinette noch nicht stark verbreitet. Sie setzte sich erst in der Mitte des 18. Jahrhundert durch. Und doch hatte sich Mozart verliebt, denn es gab schon einige herausragende Instrumentalisten wie Anton Stadler, für den der Komponist das Klarinettenkonzert KV 622 im Jahr 1791 komponierte.

Ein solch herausragender Instrumentalist ist auch Martin Spangenberg, der am Donnerstagabend beim Georgischen Kammerorchester im Festsaal zu Gast war. Und er brachte jenen Klarinettenwelthit mit, der schon tausendfach einzigartig interpretiert, aber auch schon tausendfach heruntergenudelt wurde. Man durfte gespannt sein. Und – die Erwartungen wurden um ein Vielfaches übertrumpft.

Erst einmal: Vielen Dank Herr Spangenberg, Sie haben zur großen Freude des Publikums nicht auf einer normalen A-Klarinette gespielt sondern auf einer Bassettklarinette, die eine kleine Terz tiefer geht, nämlich bis zum kleinen C. Für die Bassettklarinette ist das KV 622 original komponiert – bei der Version für A-Klarinette werden Teile des Konzerts noch oben oktaviert. So war die Originalfassung zu hören. Und wie! Jeder Satz überraschend. Emotional stürmisch der erste Satz, seidig-weich der zweite und tänzerisch der dritte Satz. Bei Martin Spangenbergs perfekt rundem Klarinettenton weiß man, warum sich der Komponist der Komponisten in das Instrument verliebt hat.

Dagegen war Mozarts anderes Werk an diesem Abend, bei dem Spangenberg als Dirigent agierte, – die Sinfonie Nr. 33 KV 319, ein langweiliger Kontrast. Der Interpretation fehlte Esprit. Es klang alles richtig, aber zu galant, zu kontrolliert. Und das obwohl Spangenbergs Dirigierstil sehr tupfig, sehr bildmalerisch, sehr tänzerisch war. Man hätte dieser Sinfonie mehr Ausreißer gewünscht.

„Mozart and the American Classics“ hieß das Motto des Abends. Zu den „American Classics“ zählen in den USA wirkende Komponisten, die im 20. Jahrhundert lebten und eine Brücke zwischen klassischer Musik, Jazz und U-Musik wie Musical bauten. George Gershwin gehört genauso in die Gruppe wie Artie Shaw, Leonard Bernstein oder Morton Gould.

Martin Spangenberg hatte Kompositionen von Aaron Copland (1900–1990), der vielen durch die Fanfare of Common Man bekannt ist, und Samuel Barber (1910–1981) mitgebracht. Barbers Adagio für Streicher op.11 ist als Filmmusik mehrerer Kinowerke bekannt geworden. Spangenbergs bildmalerischer Dirigierstil kam diesem Werk besonders zugute. Die Georgier entführten mit ihrem seidenweichen und intonationssicheren Spiel in andere Sphären.

Höhepunkt des Abends war aber das Konzert für Klarinette, Harfe, Streicher und Klavier von Aaron Copland. Es besteht ebenfalls aus drei Sätzen, die aber attacca durchgehen, beziehungsweise mit Harfe und Klavier miteinander verbunden werden. Der erste Satz erinnert in seiner Lautmalerei an den Indian Summer, der zweite Satz ist jazziger, und beim dritten Satz kommt die Ekstase vollends zum Vorschein. Der kleine Intonationsausrutscher der Celli ganz zu Beginn, wenn das Konzert aus einem Hauch von Nichts entsteigt, war der einzige kleine Störfaktor bei diesem Klangerlebnis.

Besonderer Verdienst Martin Spangenbergs: der runde Klang der Klarinette mit deutschem System, das weniger offen klingt als das internationale Böhm-System. Er schafft dadurch die Gratwanderung nicht zu „jazzig-dreckig“, aber auch nicht zu „klassisch-brav“ zu klingen.

Tosender Applaus.