Ingolstadt
Fröhliche Feier mit behinderten Menschen

01.08.2010 | Stand 03.12.2020, 3:48 Uhr

Schirmherrin Karin Seehofer unterhielt sich am Samstag angeregt mit Heimbewohnerin Astrid Loewenstein.

Ingolstadt (DK) Großes Jubiläumsfest im Hollerhaus: Über 400 Gäste feierten am Samstag mit einem unterhaltsamen Programm das 40-jährige Bestehen des Vereins für körper- und mehrfachbehinderte Menschen. Besonders die Darbietungen der Förderstättengänger und Bewohner kamen bestens an.

Matthias Luhm ist entzückt von dem, was da den ganzen Tag geboten wurde. "Alles war gut", findet der 38-jährige Köschinger, der seit seiner Geburt spastisch gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen ist. Seit zwei Jahrzehnten besucht er die Förderstätte im Ingolstädter Westen, um dort am Computer Lesen und Schreiben zu üben. "Hier gehe ich gerne rein", sagt Luhm. Und was hat ihm besonders am Sommerfest gefallen? Die Antwort kommt prompt: "Der Gospelchor Kösching, weil da mein Vater mitsingt."

 
Die 42 Sängerinnen und Sänger sorgen gleich zu Beginn des Jubiläums für den ersten Höhepunkt der Feier. Mit rhythmischen Gospelsongs gestaltet der Chor einen ökumenischen Gottesdienst im Festzelt, gehalten vom neuen Münsterpfarrer Bernhard Oswald und der evangelischen Dekanin Gabriele Schwarz. In lockerem Rahmen geht die Jubiläumsfeier weiter im Zelt und im Hollerhaus. Vor allem dann, wenn die Menschen mit Behinderung selbst aktiv werden, drängt sich das Publikum um die Akteure. Große Augen allenthalben, als Behinderte und Mitarbeiter der Einrichtung als Bauarbeiter und Heinzelmännchen verkleidet einen Sketch präsentieren. In der Satire stellen sie dar, wie sich die derzeit laufenden Arbeiten am Erweiterungsbau des Hollerhauses hinziehen. Das Kuriose daran: Aus Spaß wurde Ernst. "Als die Menschen mit Handicap die Texte für die eigentlich erfundene Geschichte vor einigen Monaten geschrieben haben, war noch gar nicht klar, dass es eine Bauverzögerung gab", sagt Geschäftsführer Reinhard Mußemann. Er räumt ein, dass "wir auch wegen des langen und strengen Winters ein bisschen hinten dran sind".

Fröhliche Gesichter gibt es auch, als Behinderte und Nichtbehinderte bei einer Modenschau in entsprechenden Kleidern einen Bogen von den 1970er Jahren bis heute spannen. Große Freude kommt auf, als Vereinsvorsitzender Claus Gelhorn als Brautvater mit einer Dame im Hochzeitskleid auftritt. Da macht es nichts, dass ihr Bräutigam immer wieder vor ihr davonläuft. "Das war Spitze. Schauspielern gefällt mir halt", kommentiert Franz Finkenzeller, der selbst bei der Modenschau mitgemacht hat. Aufgeregt sei er nicht gewesen, tippt der 52-Jährige in seinen Sprachcomputer.

Wie er, so fühlt sich auch Astrid Loewenstein wohl im Wohnheim des Hollerhauses. Die 41-jährige, schwerst behinderte Frau zeigt der Schirmherrin des Fests, Karin Seehofer, bereitwillig ihr Einzelzimmer (39 davon gibt es). Die Frau von Ministerpräsident Horst Seehofer nimmt sich viel Zeit für die Führung durch die Einrichtung. Gerne lässt sie sich unter anderem durch die Töpferwerkstatt führen. Hier und in anderen Bereichen arbeiten die Menschen mit Behinderung unter Betreuung "nach ihren Fähigkeiten und Besonderheiten", erklärt Geschäftsführer Reinhard Mußemann. Karin Seehofer bekommt auch zu hören, dass die Wohnheimbewohner und Förderstättengänger die Möglichkeiten haben, halbwegs ein normales Leben zu führen. Bayerns First Lady zeigt sich sehr beeindruckt von der Einrichtung. "Lebensfreude und Lebensqualität zeichnen das Hollerhaus aus", sagt sie und fügt an: Die Einrichtung sei für Behinderte aus Ingolstadt und der Region "lebensnotwendig".

Bei zwei Führungen am Samstag erhalten Dutzende Besucher des Sommerfestes Einblicke in den Tagesablauf der Bewohner und die Angebote der Förderstätte. Dazu gibt es mehrere Aufführungen – unter anderem von einer Breakdancegruppe – oder eine Bilderversteigerung. Und Werner Roß, der Repräsentant des FC Ingolstadt, verschenkt Poster und Autogrammkarten der Zweitligakicker. Sommerwetter ist dem Sommerfest vergönnt: "Das muss so sein, wenn Englein feiern", meint Geschäftsführer Mußemann.