Ingolstadt
Kummer schiebt Frust

01.08.2010 | Stand 03.12.2020, 3:48 Uhr

Die erfolgreiche Keglerin Raphaela Kummer sucht bereits seit über einem Jahr einen Ausbildungsplatz. - Foto: Rössle

Ingolstadt (fcg) Sportlich läuft das Jahr 2010 für die Keglerin Raphaela Kummer bisher fast optimal. Privat hingegen gibt es weiterhin Probleme. Ihre Lehrstellensuche ist trotz prominenter Fürsprache noch immer erfolglos geblieben.

Raphaela Kummer wirkt niedergeschlagen, wenn sie von ihrer größten Sorge erzählt. Der Jubel über ihren Doppelsieg bei der U23-Kegelweltmeisterschaft in Kroatien ist längst verflogen. Schon seit ihrem Fachabitur im Juli 2009 ist die Sportlerin auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz zur Bürokauffrau. Trotz rund 90 Bewerbungen und 15 Vorstellungsgesprächen war das Resultat aber immer das gleiche: nur Absagen. Warum es nie geklappt hat? Die 21-Jährige kann nur spekulieren: "Vielleicht glauben die Firmen, ich würde wegen meines Abiturs nach der Ausbildung ein Studium beginnen. Das werde ich definitiv nicht."

 
Kurz nach dem WM-Triumph hatte es auch einen beruflichen Lichtblick gegeben. SPD-Stadtrat Anton Böhm hatte sich, wie berichtet, bei OB Alfred Lehmann für Kummer stark gemacht. Doch aus der erhofften Ausbildung zum Start des kommenden Lehrjahres bei der Stadt Ingolstadt ist nichts geworden. Die Spitzenkeglerin bekam lediglich die Nachricht, dass sie für 2011 in den Bewerberkreis aufgenommen wurde.

"Wegen der Rückendeckung von Herrn Böhm und weil ich die Bewerbung ja direkt an den Oberbürgermeister richten sollte, hatte ich große Hoffnung, dass es diesmal klappt. Als dann die Absage kam, war ich am Boden zerstört", erzählt Kummer mit traurigen Augen. Und auch ihr Fürsprecher ist enttäuscht. "Das Mädchen verliert jetzt erneut ein Jahr", sagt Böhm. "Die Stadt hat so viele Stellen, Raphaela kann das Abitur und zwei WM-Titel vorweisen. Das sollte bei der Auswahl der Bewerber eigentlich doppelt zählen." Gerd Treffer, der Pressesprecher der Stadt, entgegnet: "So viele Lehrstellen haben wir leider nicht. Auf sechs Ausbildungsplätze haben sich 120 Leute beworben. Außerdem bilden wir nur Verwaltungsfachangestellte aus, keine Bürokaufleute. Sportliches oder soziales Engagement können wir nur positiv berücksichtigen, wenn zwei Bewerber gleichwertige Qualifikationen mitbringen." Trotzdem lässt Böhm nicht locker: "Für die Edel-Stadtteile wäre es nicht so entscheidend. Ein Aushängeschild wie Raphaela in der Stadt zu halten, ist aber gerade für das Nordostviertel wichtig." Dort wohnt die erfolgreiche Keglerin, auch ihr Verein, der TSV Nord, hat dort seine Heimat.

Sollte Kummer in Ingolstadt auf Dauer keinen Ausbildungsplatz finden, wird sich die Goldkeglerin wohl oder übel woanders umsehen müssen. Dabei möchte sie in der Stadt bleiben: "Ich bin sehr heimatverbunden." Auch auf die Stadtverwaltung als künftigen Arbeitgeber hat sich die 21-Jährige nicht festgelegt. Sie würde auch gerne woanders eine Ausbildung beginnen, so sich denn eine Stelle findet. "Vielleicht springt bei einer Firma ja bis September noch ein Lehrling ab", hofft Kummer. Das wäre ihr vielleicht sogar noch mehr wert als ihre beiden WM-Titel.