Pfaffenhofen
Friedensgebet gibt zu denken

"Unmenschlich hart"?: Kritik an Regelung im Gesetz zum Familiennachzug

29.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:09 Uhr
Die Schilderungen des jungen Syrers Abo Naser machten die Zuhörer betroffen. −Foto: E. Steinbüchler

Pfaffenhofen (esr) Die Familienzusammenführung von anerkannten Flüchtlingen - dieses Thema stand im Mittelpunkt des Friedensgebetes am Baum der Religionen im Bürgerpark, zu dem der Internationale Kulturverein eingeladen hatte. Dazu konnte der Vorsitzende Sepp Steinbüchler zwei junge Flüchtlinge aus Syrien besonders begrüßen - einen allein, den anderen mit seiner Familie -, deren unterschiedlichen Geschicke die Teilnehmer sehr berührten.

Mitgestaltet wurde die Veranstaltung von Vertretern der katholischen, evangelisch-lutherischen und evangelisch-freikirchlichen Gemeinden, der Neuapostolischen Kirche, der türkisch-islamischen Gemeinde, des kosovo-albanischen Vereins und der buddhistischen Gruppe. Ihre Texte und Gebete handelten von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, Liebe und Geduld. Den musikalischen Part übernahm der Frauenchor "Chorisma" unter der Leitung von Albin Scherer mit Gitarrenbegleitung von Peter Sibinger.

Die jungen Syrer Obada Kartouma und Abo Naser Modar leben beide seit 2015 in Pfaffenhofen und sie erzählten in fast perfektem Deutsch von ihrem bisherigen schulischen Werdegang: Beide haben die Mittelschule erfolgreich absolviert und werden ab September die Fachoberschule in Scheyern besuchen. Obadas älterer Bruder studiert in Coburg, sein Vater hat den Lkw-Führerschein gemacht und arbeitet, die Mutter kümmert sich um die kleine Tochter, die hier in Pfaffenhofen geboren ist, und der jüngere Bruder ging selbst ans Mikrofon, um zu erzählen, dass er an der Realschule zu den Klassenbesten gehört.

Während Obada mit seiner Familie am Friedensgebet teilnehmen konnte und die Zuhörer sich über die offensichtlich gelingende Integration seiner Familie freute, war Abo Naser allein: Seine Eltern haben zwar jetzt endlich ein Visum für Deutschland bekommen, aber seine beiden jüngeren Geschwister müssen bei der Großmutter in Syrien bleiben. Bei dieser Schilderung ging ein Raunen durch die Zuhörerschaft, aber die gesetzliche Lage ist wohl so: Das Recht auf Familiennachzug gilt bei minderjährigen geflüchteten Jugendlichen nur für Eltern, nicht für Geschwister.

"Ist das nicht unmenschlich hart - und ist das wirklich mit unserem Grundgesetz vereinbar?" fragte Sepp Steinbüchler und berichtete, dass er diese Frage auch bei einer Veranstaltung des Landratsamtes mit der bayerischen Integrationsbeauftragten schriftlich vorher gestellt habe. Sie habe geantwortet, dass es dieses Gesetz gebe und damit politisch verhindert werden solle, einen Anreiz zu geben, dass Jugendliche auf die Reise geschickt werden.

Bei der Durchsetzung dieses Gesetzes hätten große Organisationen wie die Evangelische Diakonie oder das Zentralkomitee der deutschen Katholiken vergeblich Einspruch erhoben, erklärte Steinbüchler. Und Recep Bal, der Vorsitzende der türkisch-islamischen Gemeinde Ditib, fügte spontan hinzu: "Es gibt viele betroffene Familien! Dabei zeigen doch diese Beispiele, wie arbeitswillig und lernbereit diese Menschen sind. Und die werden auch unsere Renten sichern."

Steinbüchler dankte abschließend allen Beteiligten, vor allem den beiden jungen Syrern, für ihre Beiträge, und ein besonderer Dank ging an Jasmina Naguib und Shemsi Haziri, die den "Baum der Religionen" im Bürgerpark mit 100 bunten Bändern geschmückt hatten, symbolisch für die 100 Nationen, die in Pfaffenhofen leben. Ein Dankeschön richtete der Kulturvereins-Vorsitzende auch an Maxi Hechinger und den Verein mobile e. V., der für die nötige Technik gesorgt hatte.

Nach dem gemeinsam gesprochenen Gebet der Vereinten Nationen "Verantwortung für die Welt" und einem gemeinsam mit "Chorisma" gesungenen Lied fand das Friedensgebet mit einem dringenden Aufruf zur Solidarität und der zuvor zitierten Barmherzigkeit einen passenden Abschluss - symbolisch noch verstärkt durch viele bunten Luftballons mit Friedenstauben-Anhängern, die von einem kräftigen Wind über die Stadt getrieben wurden.