Ingolstadt
Freunde fürs Leben

01.08.2011 | Stand 03.12.2020, 2:33 Uhr

Gute Laune im Sitzungssaal: Bürgermeister Sepp Mißlbeck empfing die vier japanischen Sportler Kumiko Nakatate, Takuma Iwabuchi, Hitomi Kumagai und Chihiro Mizuno (von links). Sie leben bis Samstag bei Ingolstädter Gastfamilie, wie der der siebenjährigen Franzi, der Mißlbeck ins Ohr flüstert - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Wenn man so will, dann färbt das Land des Lächelns ab. Franzi, 7, strahlt über das ganze Gesicht. Sie hat in Kumiko Nakatate eine neue Freundin gewonnen. Die beiden halten Händchen und spielen später ein Abklatschspiel.

Schöner hätten die Ferien für das Mädchen aus Ingolstadt und die 19-jährige Japanerin kaum beginnen können. Das merken alle, die sich gestern Vormittag im Historischen Sitzungssaal im Rathaus um die beiden Freundinnen scharen.
 

Bürgermeister Sepp Mißlbeck empfing dort vier japanische Jugendliche und ihren Betreuer Norimoto Shigeta, die gerade auf Sportaustausch eine Woche in Ingolstadt sind. Hier leben sie bei Gastfamilien; wie der von Franzi. Die Jugendlichen sind bunt gemischt. Kumiko und die 18-jährige Hitomi Kumagai spielen Volleyball, auch wenn man das nicht gleich auf Anhieb vermuten mag. Chihiro Mizuno, 16, ist ein Tischtennis-Ass. Der andere Junge der Gruppe, Takuma Iwabuchi, trägt mit 17 bereits den schwarzen Gurt im Judo. Sie stammen auch aus unterschiedlichen Teilen des Landes.

Normalerweise wäre die Reisegesellschaft viel größer. „Aber wegen Fukushima sind es heuer nicht mehr“, erzählt Jens Keidel. Der Judotrainer der DJK betreut die Gäste während des Simultanaustausches in Ingolstadt. Sein Bruder Sven ist zur selben Zeit mit einer Minigruppe aus Ingolstadt in Japan. Einzige Teilnehmerin aus der Schanz ist Ella Jakab. Was beide dort erleben, lässt sich in einem Internetblog auf www.djk-ingolstadt-judo.de verfolgen.

Insgesamt besuchen nur 35 Deutsche bei dem Austausch das Land des Lächelns. „Dabei hätten wir 120 Plätze. Aber auch wegen Fukushima haben viele abgesagt“, sagt Jens Keidel. Er fügt deutlich an: „Was ja eigentlich hirnrissig ist, weil dort niemand im Land die Sportjugend in die Nähe schicken würde.“

Die Reaktorkatastrophe und der verheerende Tsunami vorher haben aber auch die japanische Reisegruppe bewegt. Kumiko Nakatate kommt aus der Präfektur Miyagi, die betroffen war. „Zehn Autominuten von unserem Haus entfernt beginnt die richtige Krisenregion“, erzählt die junge Sportlerin. Dolmetscherin Aiko Winkler, eine Halbjapanerin aus Ulm, übersetzt für sie. Das schlimme Erdbeben erlebte Kumiko mit ihrem kleinen Bruder auf dem Arm. Während das Haus der Großeltern weggeschwemmt wurde, blieb Kumikos zu Hause glücklicherweise stehen. „Danach gab es aber keinen Strom, kein Wasser und keine Lebensmittel mehr.“ Inzwischen ist die Lage längst entspannt. „Man kann einigermaßen normal leben.“ Doch die Narben, die das Unglück hinterlassen hat, sind noch deutlich zu sehen. Auch bei der jungen Frau, als sie von dem Unglück erzählt.

Dafür kehrt sofort das Lächeln zurück, als sie auf die Fußball-WM der Frauen angesprochen wird. „Drei der Nationalfußballerinnen gingen mal auf meine Highschool“, sagt sie und strahlt dazu. Der WM-Erfolg der Kickerinnen aus Japan hat nicht nur ihr große Hoffnung zurückgegeben.