Ingolstadt
Frech und unbekümmert

01.08.2010 | Stand 03.12.2020, 3:48 Uhr
Flinker Außenstürmer: Sebastian Zielinsky (links, hier im Testspiel gegen Innsbruck) sieht sich selbst nicht unbedingt als Goalgetter, sondern als Vorbereiter. B −Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Sebastian Zielinsky bringt es sofort auf den Punkt: "Ich bin jung, ich muss spielen", sagt der 22-jährige Neuzugang des FC Ingolstadt. 16 Jahre war der Angreifer beim 1. FC Köln, hat zuletzt regelmäßig mit dem Bundesligakader trainiert und stand 23 Mal im Kader des Erstligisten. Doch nur zwei Mal – gegen Leverkusen und gegen Wolfsburg – bekam er bei Kurzeinsätzen die Chance, sich zu beweisen.

Eindeutig zu wenig. "Jede Woche trainiert man, hofft spielen zu können, und dann klappt es doch wieder nicht", erinnert sich "Zille". Da die Kölner überdies bereits frühzeitig mit viel Geld weitere Verstärkungen für den Offensivbereich geholt hatten, fasste Zielinsky, der beim SC Fortuna Köln das Fußballspielen gelernt hat, den Entschluss, das Rheinland zu verlassen.
 
Dennoch war die Zeit im Bundesligakader nicht umsonst. "Man sieht, dass er schon auf hohem Niveau trainiert hat", lobt Trainer Michael Wiesinger den Blondschopf mit der Rückennummer elf. "Er ist frech, kann sich durchsetzen und geht seinen Weg." Fragt man den Youngster nach seinen Erfahrungen mit Lukas Podolski und Co, kann er in der Tat eine ganze Reihe prominenter Trainingspartner aufzählen. "Von Zoran Tosic, Sebastian Freis und von Poldi, der tatsächlich immer super locker war, hab ich eine Menge gelernt. Wenn man außerdem sieht, wie Petit, Maniche oder Wome auch in schwierigen Situation ruhig am Ball bleiben, das war genauso beeindruckend. Und der Novakovic hatte einen erstaunlichen Torinstinkt . . ."
 

Nun will er sich fern der Heimat selbst beweisen. Bei den Testspielen mit dem FC Ingolstadt fiel Zielinsky bislang durch seine Schnelligkeit und sein mutiges Zweikampfverhalten auf. Außerdem ist er vielseitig einsetzbar. "Er kann in der Offensive mehrere Positionen spielen, ich sehe ihn aber in erster Linie als Flügelspieler", sagt Wiesinger. Zielinsky denkt genauso. Und mag zugleich mit einer immer wieder auftauchenden Fehleinschätzung aufräumen. "Keine Ahnung, wieso ich immer wieder lese, ich sei ein Strafraumstürmer. Ich bin kein Knipser, war ich nie. Ich bin eher Vorbereiter, der entweder über die Außenposition oder hinter den Spitzen für die anderen auflegt", stellt er klar.

Das ist im Verlauf des Interviewtermins aber auch die einzige Situation, in der er etwas intensiver wird. Ansonsten ist der Youngster trotz, oder gerade wegen seines Alters erstaunlich entspannt. "Unbekümmert", nennt Wiesinger das Auftreten seines Neuzuganges, den aufgrund seiner Herkunft natürlich ähnlich große Hoffnungen begleiten, wie FC-04-Topstümer Moritz Hartmann. Der 24-Jährige kam im Vorjahr ebenfalls aus Köln und schlug mit 21 Toren in 36 Partien gleich sensationell ein. "Natürlich habe ich mir auch bei Moritz Rat geholt, bevor ich nach Ingolstadt gekommen bin", erzählt Zielinsky. Die Beschreibungen von Hartmann, mit dem Zielinsky in Köln zwei Jahre zusammengespielt und mit dem er im Trainingslager in Seefeld das Zimmer geteilt hat, müssen äußerst positiv gewesen sein. Lange überlegt hat der 22-Jährige jedenfalls nicht, dann entschloss er sich zum Wechsel vom Rhein an die Donau.

Die Umstellung von der Millionenstadt Köln ins eher beschauliche Ingolstadt beschreibt Zielinsky als sehr unproblematisch. "Ich hatte mir das wesentlich schwieriger vorgestellt", erzählt er. "Ich dachte, alles wäre viel kleiner, mickriger irgendwie." Schon in den Tagen vor Beginn der Vorbereitung war er extra in seine neue Heimat gekommen, um sich ein Bild zu machen. "Die Leute waren alle sehr offen und freundlich, außerdem sind die Parks und die Altstadt – verglichen mit Köln – sehr gepflegt und wirklich schön", findet er. Das einzige was zu seinem Glück noch fehlt, ist Freundin Madeleine. Sie wohnt in Köln und macht dort noch eineinhalb Jahre ihre Ausbildung bei der Polizei zu Ende. "So oft ich kann, fahre ich natürlich zu ihr, oder sie kommt nach Ingolstadt", erzählt "Zille".

Ob er sonst noch etwas aus dem Rheinland vermisst? Zielinsky muss überlegen. "Naja, zum Karneval muss ich natürlich hochfahren", sagt er mit einem Grinsen und hat gleich einen Plan. "Wer weiß, vielleicht spielen wir zu dem Zeitpunkt ja irgendwo im Rheinland oder zumindest in der Nähe", spekuliert er. "Dann nehme ich einfach die ganze Mannschaft mit." Der FC-Tross sollte sich auf einiges gefasst machen.