Fliegende Fischräuber schicken die Vorhut ins Altmühl tal

09.08.2006 | Stand 03.12.2020, 7:38 Uhr

Riedenburg (DK) Der schwarze Vogel sitzt auf einem Felsen im Main-Donau-Kanal und tut ganz harmlos. Aber Helmut Simon kann er nicht täuschen. Der Vorsitzende des Altmühltaler Fischereivereins weiß ganz genau, was hier gespielt wird. "Das ist nur die Vorhut", sagt er. "Ein Späher."

Noch nie so früh

So früh war der erste Kormoran noch nie in der Gegend. "Normalerweise kommen sie erst im Winter", weiß Simon. In Schwärmen fallen sie dann unter Umständen auch in Fischgewässer ein. Sehr zum Missfallen der Angler. "Der Kormoran ist der Schlimmste", sagt Simon. Bis zu 600 Gramm Fisch frisst ein Kormoran am Tag.

Die schwarzen Vögel sind geschickte Jäger. Sie arbeiten im Team in so genannter ",militärischer Formation", wie das die Fischer nennen . Schnell ist dann auch Mal ein Zuchtweiher leer gefressen . Früher bliesen die Angler deswegen immer wieder zur Gegenoffensive bis der renitente Ruderfüßler in den 80er Jahren fast ausgestorben war.

Heute steht der Kormoran unter Naturschutz, und die Populationen haben sich so erholt, dass die ersten Stimmen schon wieder laut werden, ihn unter Feuer zu nehmen. "Schließlich entsteht durch ihn ein enormer wirtschaftlicher Schaden", sagt Simon. Außerdem habe sich der Fischereiverein in den vergangenen Jahren bemüht, auch seltene Fischarten wie Rußnasen, Quappen und Mühlkoppen wieder heimisch zu machen. Dem Kormoran freilich ist das egal. Er frisst , was er vor den hakenförmigen Schnabel bekommt. "Wo ist denn da der Naturschutz?", fragt Simon.

Der Reiher lässt das Mausen

Der Kormoran nicht der einzige, der den Fischern ihre Beute abspenstig macht. Ein weiterer Nahrungskonkurrent ist der Graureiher, der bezeichnenderweise auch Fischreiher genannt wird. Vor allem am Abend sieht man sie in kleinen Grüppchen im seichten Wasser stehen und nach Beute Ausschau halten.

Die Lauer-Methode ist recht erfolgreich. Vor einigen Jahren hat der Fischereiverein in den Gewässern der Gegend 3000 Jungfische eingesetzt. Sechs Wochen später waren sie in den Mägen der Reiher verschwunden.

Anders als der Kormoran taucht der Reiher nicht nach seiner Beute, sondern schnappt mit seinem langen spitzen Schnabel nach ihr. Nicht immer ist er dabei erfolgreich. Simon erzählt, dass er ständig Fische findet, die mit einem kleinen Loch im Rücken tot im Wasser treiben. "Früher waren die Fischreiher noch mehr in den Feldern und haben Mäuse und Frösche gejagt. Jetzt fressen sie nur noch Fisch", hat Simon beobachtet.

Nach ihren Jagdzügen ziehen sich die eleganten Vögel in ihre Brutkolonie zurück. Im Wald über Haidhof nisten 30 bis 40 Paare hoch in den Bäumen. In den Wipfeln ist einiges los. In der Kolonie wird ständig gestritten und gezankt. Zum Beispiel um Nistmaterial und die besten Brutplätze. Dabei geht es oft ziemlich laut zu. Hildegard und Wolfgang Scheck wohnen direkt am Waldrand. "Es ist ein ewiges Gekreische und Gezeter", sagt Hildegard Scheck. "Vor allem in der Nacht." Im Frühjahr müssen die Schecks bei geschlossenem Fenster schlafen, um nicht ständig von den keifenden Vögeln aufgeweckt zu werden. "Am schlimmsten ist es, wenn die Elstern kommen, um die Nester auszuräumen." Dann starten die Reiher lautstark zum gemeinsamen Gegenangriff. "Das kann sehr lästig sein", sagt Hildegard Scheck, "aber das ist halt die Natur."