Neuburg
Fiktion trifft auf Authentizität

Wolfgang Koch aus Geisenfeld liest in Neuburg Szenen aus seinem historischen Krimi "Ilmgrund"

09.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:42 Uhr
Der Geisenfelder Wolfgang Koch gab im Café Wortschatz nicht nur einen Einblick in seinen Krimi "Ilmgrund", sondern erzählte auch, wie er auf die Idee kam, Historienromane zu schreiben. −Foto: Hammerl

Neuburg (DK) Er lebt das Mittelalter und lässt es in seinen historischen Romanen lebendig werden.

Dass das Schlossfest rund 500 Jahre später spielt, stört Wolfgang Koch keineswegs - er ist seit 30 Jahren Stammgast. So hat sich die diesjährige Schlossfestzeit für seine Lesung im Café Wortschatz angeboten.

"Es tut sich auch hier bei uns etwas Historisches", sagt Buchhändlerin Hedwig Eser, die sich freut, dass die Lesung trotz Schlossfest gut angenommen worden ist und am Ende feststellt "Europa ist keine neue Idee", das falle ihr immer wieder auf, wenn sie gut recherchierte historische Romane liest. Mit dem "Palästinalied" von Walter von der Vogelweide stimmen Christian Hackner (Geige) und Tschak Neuhauser (Gitarre) bekannt als Musica Cicogna die Zuhörer auf das Mittelalter ein.

Denn dort spielt Kochs Romanserie "Ilmgrund". Deren Held ist der junge Mönch Johannes aus Coburg, den der Autor als "ein wenig naiv" vorstellt. "Was wäre ein Roman ohne Liebesgeschichte? ", fragt er rhetorisch und stellt dem Mönch eine Ordensfrau zur Seite, Magdalena, die Tochter eines armen Ritters, in die sich Johannes verliebt - "gegen alle Regeln jener Zeit". Dann sind da noch Hubertus, ein "Spielmann mit schillernder Vergangenheit und vielen Talenten", sowie Irmingard, eine blonde, resolute Witwe, die zu Johannes Gefährten gehören. Ihnen folgt der sogenannte Fleischer, ein geheimnisvoller, namenloser Mörder, der eine blutige Spur legt. Diese Protagonisten sind alle fiktiv, authentisch dagegen sind die Oberin des Geisenfelder Klosters, Schwester Ursula, Pfarrer Niklas und der Herzogssohn Ernst, der später als Schwiegervater der Agnes Bernauer in die Geschichte einging. "Ich habe den historischen Personen Dinge in den Mund gelegt, die sie nie gesagt haben und Handlungen unterstellt, die sie nie begangen haben", gesteht Koch. "Sie mögen mir im Nachhinein verzeihen. " Erfunden hat er auch das Badehaus in Kempten samt der anzüglichen, darin spielenden Szenen.

Ansonsten spielt "Ilmgrund" an Originalschauplätzen entlang des bayerischen Jakobswegs zwischen Coburg und Bregenz um 1390. Drei Szenen liest der Autor vor, dazu den Prolog, der sechs Jahre vorher datiert, als in Geisenfeld tatsächlich eine Kirche brannte, wie er bei einer Kirchenführung erfuhr. Sie lieferte ihm einen Aufhänger für die vielen Ideen, die seit seinen Pilgerwanderungen auf dem Jakobsweg in Kochs Kopf herumspukten. "Sie reichten für sechs Bände", erzählt der 57-jährige Geisenfelder, der mittlerweile am fünften Band schreibt. Drei sind bereits erschienen, der vierte wird derzeit lektoriert.

Mindestens so interessant wie die Textstellen sind die Hintergrundinformationen, die Koch gekonnt und humorvoll zwischendurch einfließen lässt. So erzählt er, wie er auf die Idee kam, Historienromane zu schreiben. Er besuchte die Schauplätze, erlernte Bogenbauen und -schießen, belegte Crashkurse im Schmieden und in der Holzbearbeitung und wurde Mitglied der Freien Ritterschaft zu Bayern, die gerade versuche, "mir die Grundzüge des Schwertkämpfens beizubringen". Koch näht seine Kleidung teilweise selbst, fertigt mittelalterliche Werkzeuge und Gebrauchsgegenstände an und hat sogar Reiten gelernt, um seinem Anspruch, über alles, was er schreibt "zumindest einigermaßen Bescheid zu wissen, gerecht zu werden".

Zur Authentizität gehören auch verschiedene mittelalterliche Metweine, darunter Drachenblut und Zaubertrank, die Koch großzügig in der Pause ausschenkt - wahrlich, wie angekündigt, eine Lesung für alle Sinne, interessant, unterhaltsam und amüsant sowie schmackhaft.

Andrea Hammerl