Wolnzach
Feuer und Flamme für den "Tango"

Fachwelt lobt neue Hüller Hopfensorte als Multitalent für traditionellen und innovativen Biergeschmack

14.04.2021 | Stand 23.09.2023, 17:58 Uhr
Unzählige Sämlinge werden in den Gewächshäusern der Hüller Hopfenforschung gezogen und im Laufe der Zeit nach festen Kriterien aussortiert. Nur die besten Pflanzen haben die Chance, als neue Hopfensorte irgendwann auf den Markt zu kommen. −Foto: Trouboukis

Hüll - Das kleine Dorf Hüll hat sich mit seinem einzigartigen Forschungsinstitut als Wiege des Hopfens, als Geburtsstätte neuer Sorten weltweit einen Namen gemacht. Jetzt haben die Hüller Forscher eine neue Sorte herausgebracht, eine, auf der große Hoffnungen ruhen: "Tango" soll nicht nur robust und aus Sicht der Inhaltsstoffe und des Ertrags hochwertig sein, auch kommt die Aromasorte bei den Brauern gut an. Für Walter König, Geschäftsführer der Gesellschaft für Hopfenforschung, ist das ein ganz entscheidendes Kriterium: "Tango ist die Antwort auf die klassischen Aromasorten, die die Brauer dringend brauchen."

Eine Hopfensorte aus Hüll, das ist nichts wirklich Neues, obwohl jede Neuzüchtung streng genommen an sich doch eine kleine Sensation ist. Aber mittlerweile steht das Hüller Institut schon seit 95 Jahren dafür, reagiert auf Anforderungen der Natur, des Marktes, der Brauer, auf Klima, Umweltschutz, man probiert, kreuzt, forscht. Viele Jahre intensiver Arbeit stecken hinter jeder Neuzüchtung, bevor sie präsentiert und auf den Markt gebracht werden kann.

Und dass selbst beste Werte nicht immer Garant für den Erfolg sind, das hat sich gerade erst wieder gezeigt: Neue Flavorsorten, wie beispielsweise "Mandarina Bavaria" oder "Polaris", kamen nicht so an, wie erhofft. "Vielleicht, weil sie im Zuge der Craft-Beer-Welle etwas falsch positioniert wurden", meint Walter König. Denn als Braufachmann weiß er, dass der Biermarkt trotz aller Trends doch eher traditionell geprägt ist. Modebegriffe wie "Drinkability" für den Trunk eines Bieres, das Gefühl im Mund und den Geschmack, hört er deshalb gar nicht so gerne. Er formuliert auch da lieber bodenständig: "Ein Bier muss laufen." Und genau das täten mit der neuen Sorte "Tango" gebraute Biere, das habe sich in zahlreichen Sudversuchen mit den Partnerbrauereien Bitburger, Weihenstephan oder BarthHaas, den Mitgliedsbrauereien der Gesellschaft für Hopfenforschung und auch bei Versuchen etlicher Hobbybrauer gezeigt.

"Tango" sei klassisch orientiert - und dennoch vielfältig, je nachdem, wie und wann die Sorte im Brauprozess zum Einsatz kommt. "Tango" habe sich hier als echtes Multitalent bewährt: Klassisch eingesetzt sei die Sorte vergleichbar mit den beliebten Traditionssorten Hallertauer Tradition und Perle, bei sehr später Hopfengabe oder Kalthopfung kämen dann blumige Zitrusnoten deutlicher zum Vorschein. Immer gekennzeichnet seien die Tango-Biere mit einer "angenehmen Bittere, auf die der Brauer sehr viel Wert legt". Mit Beschluss des GfH-Vorstandes ist der Antrag auf Sortenschutz im Dezember 2020 gestellt worden, seit Januar 2021 können Lizenzen für die neue Sorte "Tango" erworben werden.

Feuer und Flamme sind auch jene für die neue Sorte, die an ihr jahrelang gearbeitet haben. Für die Forschungsgruppe erklärt deren stellvertretender Leiter, Landwirtschaftsrat Anton Lutz, warum der Sortenname "Tango" zu diesem Zuchtstamm - der übrigens lange Jahre nur durch eine für den Laien kompliziert anmutende Nummernkombination definiert war - so gut passt. Die Gesellschaft für Hopfenforschung habe einen Wettbewerb zur Namensfindung veranstaltet, fündig wurde man bei einem Hopfenbaukongress in Argentinien, dem Mutterland des Tango. Ähnlich vielfältig wie dieser Tanz sei die neue Hopfensorte, so Lutz: "Sie kann sehr ruhig sein wie unsere traditionellen, untergärigen Biere, aber auch feurig und intensiv, wie zum Beispiel ein Craft-Bier." Eben intensiv und ausdrucksstark, auf jeden Fall eindrucksvoll, kurz und knackig - am liebsten auch für den internationalen Markt. So also kam der "Tango"-Hopfen zu seinem Namen, die neue Sorte, die auch die strengen und komplexen Anforderungskriterien zu einer Markteinführung so gut erfüllt.

Welche das sind, das erklärt Anton Lutz auch bei den online abrufbaren Beiträgen zu den Hopfenbauversammlungen der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) zusammen mit den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Brauqualität und Liefersicherheit seien Grundvoraussetzungen, die Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt auch auf lange Sicht, dann natürlich hohe und ständig steigende Anforderungen seitens des Umwelt- und Ressourcenschutzes, auch extremen Klimabedingungen müsse eine neue Sorte gewachsen sein, mit möglichst wenig chemischem Pflanzenschutz auskommen und widerstandsfähig gegen Krankheiten sein.

"Tango" kann das alles und ist kein Baby mehr, sondern bereits zehn Jahre alt. Die Sorte hat in dieser Zeit etliche Prüfungen bestanden: Ihre Mutter ist "Cascade", eine US-amerikanische Sorte, die sich vor allem gegen hohe Temperaturen bewährt hat, ihr Vater ein Hüller Zuchtstamm, eine Kreuzung aus "Hallertauer Tradition" mütterlicherseits und einem weiteren Zuchtstamm, der sich durch gute Resistenzen und starken Behang auszeichnet. Windet gut, kompakte Dolden, mittelspäte Reifung, ein durchschnittlicher Ertrag von 2,95 Tonnen pro Hektar - errechnet aus den Jahren 2012 bis 2020 - dazu ein mittlerer Alphasäurengehalt von 9,1 Prozent, ein hoher Gesamtölgehalt, sehr gute Klimatoleranz, durchgehend gute Aromabeurteilungen und Flexibilität im Brauprozess - Anton Lutz und das Forschungsteam stehen hinter ihrem "Tango" als, wie Lutz es formuliert, "zukunftssichere Alternative zu den bewährten Sorten". Klassisch in der Ausprägung und modern, was die Marktanforderungen betrifft - Walter König drückt es noch deutlicher aus: "Der Tango gehört in den Boden."

WZ

Karin Trouboukis