Neuburg
Feierei endet vor Gericht

Dunkelhäutigen Deutschen beleidigt und geschlagen Jugendliche verurteilt

22.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:36 Uhr

Neuburg (DK) Weil sie einen dunkelhäutigen Jugendlichen geschlagen und beleidigt haben, sind zwei Burschen zu Geldstrafen und einem Freizeitarrest verurteilt worden. Im Raum stand auch, dass sie mit Hakenkreuzen auf der Brust unterwegs waren. Das konnte nicht bewiesen werden.

"Blöder geht's eigentlich nicht mehr." Mit diesen Worten kommentierte Staatsanwältin Lisa Kuhn das Verhalten eines 17-Jährigen, der mit seinem 16-jährigen Kumpel nun vor Gericht landete. Es war der letzte Schultag, die letzte Abschlussprüfung. Endlich ist die Paukerei vorbei, dachten sich die Freunde und begannen schon vormittags damit, ihre Euphorie und Freude mit Alkohol zu vermischen.

Als das Bier knapp wurde, gingen die Burschen gemeinsam los, um Nachschub zu besorgen. Dort traf die Gruppe auf eine andere Truppe Jugendlicher. Man kannte sich vom Sehen, nicht näher. Was genau der Auslöser für den nun folgenden Streit war, ließ sich vor Gericht nicht mehr rekonstruieren. Vermutlich war es schlicht und ergreifend dem Alkohol geschuldet, dass die Grundstimmung der feierwütigen Absolventen aggressiv war.

Der 17-Jährige beleidigte jedenfalls einen anderen Burschen auf rassistische Weise. "Neger, geh' heim, du hast hier nichts zu suchen", soll er laut Anklage zu einem 16-jährigen, dunkelhäutigen Deutschen gesagt haben - was Richter Gerhard Ebner mit den Worten kommentierte: "Wohin soll er denn gehen? Er wurde in Deutschland geboren."

Der beleidigte den Neuburger zurück - und schon war die Rangelei in vollem Gange. Ein Faustschlag ins Gesicht streckte den Jüngeren nieder. Doch damit nicht genug. Nun kam auch noch der zweite Angeklagte ins Spiel und trat dem am Boden liegenden Opfer mit dem Fuß ins Gesicht. Der Schüler erlitt Prellungen im Gesicht, ein geschwollenes Auge und eine aufgeplatzte Lippe, die genäht werden musste. Was Staatsanwältin Lisa Kuhn den Halbstarken außerdem vorwarf: Auf ihren nackten Oberkörpern sollen Hakenkreuze und SS-Runen zu sehen gewesen sein.

Was die Schläge und Tritte angeht, gestanden die nicht vorbestraften Burschen ihre Taten. Rassistisch beleidigt habe er sein Opfer aber nicht, sagte der 17-Jährige aus. Höchstens habe er "Bastard" gesagt. Und auch Hakenkreuze "kann ich nicht beschwören". Er habe sein Schulabschluss-T-Shirt angehabt, auf das jeder unterschreiben konnte. Möglicherweise sei auf dem Rücken ein Hakenkreuz gewesen. "Vorne war nichts." Seine Mutter brachte Licht ins Dunkle, sie hatte das Kleidungsstück dabei. Tatsächlich war auf der Rückenpartie ein Hakenkreuz aufgemalt.

Das Opfer und die geladenen Zeugen bestätigten den Tatverlauf. Ob der 17-Jährige nun aber ein T-Shirt getragen habe oder doch oben ohne in der Stadt unterwegs war, da waren sie sich nicht mehr so sicher. Einer sagte aus, das Nazi-Symbol sei vorne auf der linken Brust gewesen, ein anderer konnte sich überhaupt nicht mehr erinnern. Die beiden Angeklagten haben sich mittlerweile bei ihrem Opfer entschuldigt und jeweils rund 600 Euro Schmerzensgeld bezahlt. Beide haben nach ihrer Schullaufbahn eine Ausbildung begonnen.

Staatsanwältin Lisa Kuhn sah ihre Anklage nahezu vollumfänglich bestätigt. "Mit Hakenkreuzen auf der Brust durch die Stadt laufen und dann noch einen anderen rassistisch beleidigen, blöder geht's eigentlich nicht mehr." Den 17-Jährigen sah sie des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole, der Beleidigung und Körperverletzung überführt. Sein Kumpel habe sich hingegen mit dem Tritt an den Kopf der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht. Für beide hielt sie einen zweiwöchigen Dauerarrest für angebracht. Die Verteidiger Wolfgang Kleßinger und Andrea Kremer hielten das für übertrieben und plädierten auf eine Geldstrafe beziehungsweise ein mildes Urteil.

Richter Gerhard Ebner verurteilte den 17-Jährigen zu einer Geldstrafe in Höhe von 450 Euro, den Jüngeren in Höhe von 900 Euro. Außerdem müssen beide ein Wochenende lang in Freizeitarrest. Für die Hakenkreuze wurden sie nicht bestraft. Dafür, so Richter Ebner, hätten sie definitiv merken müssen, dass sie die Symbole trugen. Und das konnte nicht zweifelsfrei bewiesen werden.