Adelschlag
Faszination Triathlon trotz Handicap

Claudia Platzek aus Pietenfeld will ihren Titel bei den Deutschen Meisterschaften der Gehörlosen verteidigen

01.06.2017 | Stand 02.12.2020, 18:01 Uhr

Triathletin Claudia Platzek (SV Marienstein) konnte kürzlich auf Mallorca die Grundlagen für ihre angestrebte Titelverteidigung der Deutschen Meisterschaft mit intensiven Trainingseinheiten legen. - Foto: privat

Adelschlag (EK) Die Faszination Triathlon, wie sie vom Challenge und auch vom Ingolstädter Triathlon - lange vor dem Ironman in Roth - ausgeht, lebt auch von der Atmosphäre am Streckenrand. Deshalb ist der Challenge schon wenige Minuten nach Öffnung des Meldeportales ausgebucht.

Aber was ist, wenn man von dieser außergewöhnlichen Anfeuerung und Begeisterung nur eingeschränkt etwas mitbekommt? Wie erlebt man dann diese Faszination? Wir haben mit der Schwerhörigen Claudia Platzek aus Pietenfeld (Gemeinde Adelschlag) gesprochen. Sie startet für den SV Marienstein, war letztes Jahr im SVM-Bayernliga-Team und holte 2015 und 2016 bei der Deutschen Meisterschaft der Gehörlosen in Altenrheine (bei Münster) den Titel, den sie in diesem Jahr bei einem Wettkampf am Chiemsee verteidigen will.

 

Claudia, wir haben dich 2016 in Ingolstadt beobachtet und waren begeistert. Startest du nächste Woche wieder am Baggersee und ist dies ein Teil deiner Vorbereitung zur Titelverteidigung bei den anstehenden Gehörlosenmeisterschaften?

Claudia Platzek: Ja, beides stimmt! Ich starte in Ingolstadt, weil dieser Wettkampf eine besondere Bedeutung für mich hat. Aber auch im Sinne des Versuchs, den Tripple bei der DM der Gehörlosen zu versuchen. Deshalb starte ich am Baggersee auch über die Olympische Distanz (Anmerkung der Redaktion: 1,5-40-10 Kilometer Schwimmen, Radfahren, Laufen) und nicht über die Mittelstrecke.

 

Uns ist 2016 aufgefallen, dass du vor dem Schwimmstart noch mit deinen Mannschaftskameradinnen vom SV Marienstein kommuniziert hast, aber dass du dann mit Betreten der Wechselzone, mit Verlaub, richtig "taub" warst?

Platzek: So ist es auch, aber eines ist mir noch wichtig, ich bin nicht "gehörlos", sondern von Geburt an stark schwerhörig und ich habe auch kein Hörgerät, sondern ein Cochlea Implantat. Meine Gehörlosigkeit wird oft falsch verstanden und es ist mir auch ein Anliegen - vielleicht auch durch dieses Interview - darüber etwas aufzuklären.

 

Entschuldige, aber hier benötigen wir etwas Nachhilfe.

Platzek: Das CI-System besteht aus einem internen Teil, das im Schädelknochen implementiert wurde, und einem externen Teil. Dieser externe Teil sendet Signale an den internen und damit wird ein Sprachverstehen möglich. Den Sender muss ich vor dem Schwimmstart in der Wechselzone zum Radfahren deponieren. Deshalb bin ich dann tatsächlich taub und kann nur noch von den Lippen der Mannschaftskameradinnen ablesen, was aktuell abgeht. Darum dauert bei normalen Triathlons auch mein Wechsel länger und ich habe auch beim Radfahren und Laufen Probleme mit Kampfrichtern, die auf dem Motorrad einen Helm tragen oder mit Streckenposten, die hektisch und undeutlich sprechen oder mich nicht anschauen. Bei den Gehörlosenmeisterschaften ist das Tragen des Senders verboten, so dass alle Teilnehmer das gleiche Handicap haben.

 

Bevor wir über deine Faszination vom Triathlon sprechen, erzähl ein bisschen von deiner privaten Situation und wie du trotz Familie und Beruf das Training gestalten kannst.

Platzek: Es war, als die Kinder noch kleiner waren, schlimmer. Aber nach wie vor hat der Tag nur 24 Stunden und ich bräuchte manchmal 36. Inzwischen bin ich fast 45 Jahre alt, arbeite 70 Prozent in Teilzeit und meine Kollegen ermöglichen mir einen flexiblen Einsatz. Mein Mann unterstützt mich und meine zwei Jungs spielen mit, wenn das Essen pünktlich auf dem Tisch steht. Außerdem habe ich ein gewisses Organisationsgeschick.

 

Wie bist du auf den Ausdauerdreikampf aufmerksam geworden, wie lange bist du schon dabei und was waren deine schönsten Erlebnisse?

Platzek: 2010 hat mich ein Mariensteiner Ausdauersportler auf den im gleichen Jahr wiederbelebten Ingolstädter Triathlon aufmerksam gemacht. Aber schon während meiner Schulzeit an der Schwerhörigen Schule in Nürnberg hat mich meine Sportlehrerin Ute Schiffmann (Anmerkung der Redaktion: Schiffmann gewann WM-Silber 1982 im Modernen Fünfkampf) im Schwimmen gefördert und ich konnte einmal Deutsche Jugendmeisterin in dieser Disziplin werden. Sie wollte mich auch zum Fünfkampf motivieren, habe aber dann Fußball und auch schon Handball gespielt. Aber 2010, damals in Ingolstadt, hat es mich endgültig für diese einmalige Kombination gepackt. Deshalb ist der Ingolstädter Marathon auch immer einer meiner Highlights. Aber die Team-Triathlons in der Bayernliga 2016, wo eich für den SV Marienstein startete, waren schon auch tolle Erfahrungen.

 

Zurück zur Saisonplanung. Wie verlief deine bisherige Vorbereitung und was steht heuer auf deinem Programm?

Platzek: Im Winter bevorzuge ich das Fitnessstudio; vor allem Spinning. 2017 bin ich erst 60 Kilometer geschwommen und 300 Kilometer gelaufen, doch dank eines Trainingslagers auf Mallorca war ich jetzt bei 1300 Kilometer auf dem Rennrad. Für echte Profis ist das nicht so viel, aber bei den Gehörlosen ist Konkurrenz nicht so groß.

Neben meiner Titelverteidigung starte ich im Radsport-Buchstaller-Team, einer Behindertenstaffel, wo ich beim Challenge in Roth die 180 Kilometer mit dem Rad fahre. Wenn ich gesund bleibe, möchte ich noch beim Altmühl-Trail und beim Kölner Marathon starten.

 

Claudia, was motiviert dich weiter zu machen und was macht für dich die Faszination Triathlon aus?

Platzek: Ich muss zugeben, ich bin ein wenig Triathlon süchtig. Aber Sport hat mich schon immer fasziniert und motiviert, aber die Kombination von Schwimmen, Radfahren und Laufen ist für mich einfach genial, da ich gut nach Gefühl trainieren kann.

 

Das Gespräch führte Sepp Vogel.