Fall Eisenberg erhitzt weiter die Gemüter

30.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:03 Uhr

Tennessee Eisenberg wurde vor einem Jahr in Regensburg durch Polizeikugeln getötet. - Foto: oh

Regensburg (DK) Genau ein Jahr nach den tödlichen Schüssen auf den Regensburger Studenten Tennessee Eisenberg haben am Freitag erneut Studenten- und Jugendverbände gegen die Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft in Regensburg protestiert.

Rund 300 Menschen nahmen an der Demonstration teil. Auf ihren Transparenten forderten unter anderem die katholische und evangelische Hochschulgemeinde, den Fall "vor eine unabhängige Kontrollinstanz" zu bringen.

Zwei Polizisten hatten vor einem Jahr 16 Mal auf den mit einem Messer bewaffneten Eisenberg gefeuert und den Musikstudenten dabei tödlich verletzt. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen dazu eingestellt. Sie geht davon aus, dass die Polizisten bei dem Einsatz am 30. April 2009 in einer Notwehrsituation waren. "Von einer Klärung kann keine Rede sein", sagt dagegen Roland Weisser vom Arbeitskreis Zivilcourage der Universität Regensburg. In einem offenen Brief an die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordern die Organisatoren der Kundgebung, die Einrichtung "einer unabhängige Beschwerdestelle für Fälle von Polizeigewalt", wie sie in anderen europäischen Ländern bereits bestehe und "wie sie Menschenrechtler schon lange für Deutschland anmahnen".

Auch im Deutschlandbericht von Amnesty International, der im Juli veröffentlicht wird, sei aufgeführt, "dass Ermittlungen gegen Polizeibeamte schneller eingestellt würden als Ermittlungen gegen andere Personen". Das liege daran, dass die Staatsanwaltschaft im Normalfall eng und gut mit der Polizei zusammenarbeite, so Alexander Bosch von Amnesty Deutschland.

Als Gegner der Polizei wollen sich die Organisatoren der Demonstration ausdrücklich nicht verstanden wissen. "Wir distanzieren uns in aller Deutlichkeit von Trägern polizeifeindlicher Gesinnung. Sie sind bei der Demonstration nicht erwünscht", so Weisser. Unterstützung haben die Initiatoren unterdessen vom Regensburger Strafrechtsprofessor Henning Ernst Müller erhalten, der die Verfahrenseinstellung als "einigermaßen überraschend" bezeichnete.

Immer noch hat die Familie Eisenberg Zweifel an der Notwehrversion der Ermittlungsbehörden. Die Familie charakterisiert Tennessee als sanft, ruhig, bedacht, ja sogar spirituell und hatte aus eigener Tasche ein zweites Gutachten in dem Fall finanziert. Möglicherweise war der 24-Jährige ausgerastet, weil er unter einer Psychose litt.