Ingolstadt
Falafel für Integrationsbeauftragten

08.09.2010 | Stand 03.12.2020, 3:42 Uhr

Von Beruf Koch ist Martin Neumeyer (r.), Integrationsbeauftragter der Staatsregierung. Zusammen mit Küchenmeister Günther Ellböck, Dozent bei Cantina International, richtet er den Salat an. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Zur Feier des Tages setzte Martin Neumeyer sogar seine kohlehydratfreie Diät aus: Der Integrationsbeauftragte der Staatsregierung – von Beruf selber Koch – ließ sich gestern von Teilnehmern des Qualifizierungsprojekts Cantina International bewirten.

Die Frauen und Männer stammen aus aller Herren Länder und haben Spezialitäten aus ihrer Heimat zubereitet: Auf der Menükarte stehen Zucchinisuppe, Falafel mit Koriander- oder Minzedip, gedämpfte und frittierte Pelmeni, Rindfleisch mit Sauerkraut und Strudeli, und zum Nachtisch werden Crêpes mit Kompott gereicht. Im Gemeinschaftshaus an der Permoserstraße duftet es so köstlich wie in einem Sternerestaurant.

Erstmals kooperiert das Ingolstädter Jobcenter, das seit 2008 beim Programm "Perspektive 50 plus" mitmacht, mit der Cantina International und hat 14 ältere Arbeitslose entsandt, damit die sich im Bereich Gastronomie und Hauswirtschaft weiterbilden. Die meisten von ihnen haben zwar einen Beruf erlernt – eine Frau ist sogar Köchin – doch der wird in Deutschland häufig nicht anerkannt. Für Neumeyer ein wichtiges Thema: "Das Anerkennungsverfahren zu erleichtern ist auch Bestandteil des Koalitionsvertrags. Aber die Unternehmer fordern auch qualifizierte Zuwanderung, und da geh’ ich mit denen d’ accord."

Der Integrationsbeauftragte räumt ein, mit seinen 55 Jahren gehöre er auch zur Zielgruppe. "Aber als gelernter Koch und Restaurantmeister hätte ich vielleicht noch eine Chance", scherzt der CSU-Politiker, der als Botschafter von "Perspektive 50 plus" fungiert. Das Projekt geht mittlerweile in die dritte Phase, die sich über den Zeitraum vom 2011 bis 2015 erstreckt. Ingolstadt ist zuversichtlich, erneut ein großes Stück vom Kuchen abzukriegen. "Je erfolgreicher wir sind, desto mehr Geld bekommen wir", erklärt Isfried Fischer, Geschäftsführer des Jobcenters. Ungefähr vier Millionen Euro sind insgesamt drin.

Das Ziel, heuer 120 Arbeitslose über 50 Jahren in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu vermitteln, ist jedenfalls so gut wie erreicht: "Wir sind jetzt schon bei 115 Leuten", so Fischer. Erfolgreich läuft seit Anfang 2009 auch das Qualifizierungsprojekt Cantina International. 39 Frauen und Männer haben bisher mitgemacht, ein Teil davon begann im Anschluss eine Ausbildung, viele fanden immerhin einen 400-Euro-Job, und eine Frau ist mittlerweile bei der Cantina selbst angestellt. "Sie bereitet an der Herschelschule das Frühstück zu", erklärt Mitarbeiterin Caroline Schwärzli-Bühler.

Die Hoffnung, ebenfalls wieder eine Anstellung zu finden, ist im nunmehr dritten Cantina-Team denn auch groß: "Ich bin 1989 aus Rumänien nach Ingolstadt gekommen und hatte immer Arbeit. Aber dann ging meine Firma pleite, und nun bin ich schon seit einem Jahr arbeitslos", erzählt eine 59-Jährige, die Näherin ist. Ihr macht das Kochen Spaß, sie wünscht sich einen Teilzeitjob.

Der Mann vom Fach immerhin lobt nicht nur das vorbildliche Qualifizierungsprojekt, sondern auch das Essen vollmundig: "Ich komm’ jetzt jeden Mittwoch", so Neumeyer.