Fahrfehler mit tödlichen Konsequenzen

19.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:29 Uhr

Tragisches Ende eines Überholmanövers: Eine 22-Jährige kam am 18. April dieses Jahres bei Karlskron ums Leben. Die Unfallverursacherin stand gestern vor Gericht. - Foto: Kress

Neuburg (pes) Weil Silvia K. (Name geändert) einen Lkw überholt hat, obwohl eine durchgezogene weiße Linie genau das ausdrücklich verbietet, musste eine 22-Jährige am 18. April dieses Jahres sterben.

Sie war just im Moment des gewagten Überholmanövers bei Karlskron in die Staatsstraße eingebogen und dort frontal mit dem Kleinwagen von Silvia K. kollidiert. Wegen fahrlässiger Tötung wurde die Einzelhandelskauffrau aus dem Landkreis Pfaffenhofen gestern zu 2700 Euro Geldstrafe und einem dreimonatigen Fahrverbot verurteilt.
 
"Eine Unverschämtheit"
 
Zur Gerichtsverhandlung kam es nur, weil die 20-Jährige gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte. Im Prozess treten die Eltern der jungen Frau, die die riskante Fahrweise von Silvia K. mit dem Leben bezahlen musste, als Nebenkläger auf. Vor ihren Augen versucht Silvia K.’s Anwalt, mit Richter und Staatsanwalt um das Strafmaß zu feilschen. Ein Ansinnen, das in der Bemerkung gipfelt, dass für das Todesopfer ein Mitverschulden des tragischen Unfalls im Raum stünde. Die 22-Jährige sei wohl nicht vorfahrtsberechtigt gewesen. An besagter Stelle gebe es außerdem kein Überholverbotsschild. Die Eltern sind fassungslos: "Das darf doch nicht wahr sein", stößt die Mutter mit leiser Stimme hervor. Jugendrichter Gerhard Reicherl weist den Anwalt der Gegenseite schließlich zurecht: "Mit solchen Bemerkungen sollten Sie sich zurückhalten. Das ist eine Unverschämtheit."
 
Bei dem tragischen Unglück war die 22-Jährige in ihrem Fahrzeugwrack eingeklemmt worden. Helfer bemühten sich vergebens um ihr Leben. Sie starb noch an der Unfallstelle. Ihr 26 Jahre alter Beifahrer erlitt Prellungen und Schürfwunden. Silvia K., die eigentlich zu ihrem Freund hatte fahren wollen, wurde nach einem kurzen Aufenthalt im Krankenhaus wieder entlassen.
 
"Es tut mir leid", sagt sie den Eltern der Verstorbenen. Silvia K.’s Anwalt will die im Strafbefehl festgesetzte Anzahl der Tagessätze von 110 auf 90 reduzieren. Damit bekäme seine bislang nicht vorbestrafte Mandantin keinen Eintrag ins Führungszeugnis. Die drei Monate Fahrverbot, die im Raum stehen, kämen Silvia K. im neuen Jahr gelegener als jetzt, argumentiert er weiter. Die Gefühle der Angehörigen der Toten wolle er in keiner Weise verletzten, ergänzt er.
 
"Es ist immer etwas schwer, in so einem Fall die richtigen Worte zu finden", betont Staatsanwalt Günter Mayerhöfer. Obwohl ein Menschenleben durch nichts aufzuwiegen sei, müsse das Gericht einen Ausgleich finden. Wäre Silvia K. betrunken gewesen, so führte an einer Freiheitsstrafe kein Weg vorbei. "Das aber war nicht der Fall. Ihr ist ein Fahrfehler passiert, der tragische Konsequenzen hatte." 90 Tagessätze in Kombination mit einem Fahrverbot seien im Fall einer fahrlässigen Tötung ein durchaus übliches Strafmaß, so Mayerhöfer.
 
Klare Worte findet die Anwältin der Eltern der toten Frau: "Schon der Strafbefehl ist sehr milde ausgefallen. Daher herrscht bei uns größtes Unverständnis darüber, dass das nicht akzeptiert wurde und hier Einspruch eingelegt wird." Ihre Mandanten, betont die Vertreterin der Nebenklage, wollten das Leben der Angeklagten gewiss nicht zerstören, hätten aber auch ihre Beweggründe. Sie plädiert dafür, bei den ursprünglichen 110 Tagessätzen zu bleiben.
 
Folgen fürs ganze Leben  
 
"Man wird nie dem gerecht werden, was die Angehörigen durchmachen", leitet der Jugendrichter seine Urteilsbegründung ein. Auf der anderen Seite sei die Vorgehensweise der Angeklagten legitim, könne doch ein Eintrag ins Führungszeugnis Folgen für deren weiteres Leben haben. Silvia K. wird zu 90 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt. Ihrem Wunsch, das Fahrverbot aufs nächste Jahr zu verschieben, kommt der Richter nicht nach: Die 20-Jährige muss ihren Führerschein sofort abgeben.